Mir war es sehr wichtig zu zeigen, wie einsam diese Figur ist. Jemand unglaublich Berühmtes steht aber an der Spitze und ist aber an dieser Spitze unglaublich einsam.
ZDF-Film über Katarina Witt
Lavinia Nowak als Katarina Witt in dem ZDF-Film "KATI - Eine Kür, die bleibt" © ZDF / Stanislav Honzík
Die letzte Olympia-Kür der Eislauflegende
07:02 Minuten
Zwei Olympiasiege, vier WM-Titel, sechs EM-Erfolge: Katarina Witt gilt als die erfolgreichste Eiskunstläuferin aller Zeiten. Sie galt in der DDR als Superstar – wie auch im vereinigten Deutschland. Nun zeigt das ZDF einen Spielfilm über sie.
Fünf Jahre nach ihrem Abschied vom Leistungssport will es Eiskunstlaufstar Katarina Witt noch einmal wissen. Die Winterspiele 1994 in Lillehammer stehen vor der Tür. Sie sucht ihre ehemalige Trainerin auf - Jutta Müller.
Das "schönste Gesicht des Sozialismus"
Zu diesem Zeitpunkt ist Katarina Witt, das „schönste Gesicht des Sozialismus“, wie sie im Westen genannt wird, längst ein gefeierter Star in den USA. Und Jutta Müller, die erfolgreichste Eiskunstlauftrainerin der Welt, nach der Wiedervereinigung kaltgestellt und gedemütigt von der Deutschen Eislauf-Union, ist Rentnerin.
Zwei starke DDR-Frauen aus unterschiedlichen Generationen müssen sich quasi neu erfinden. Das ist der reizvolle Plot des ZDF-Spielfilms „Kati – eine Kür, die bleibt“.
Schnell wird klar: Katarina Witt hat noch ein paar Rechnungen offen – mit ihrem Heimatland, der DDR, mit dem wiedervereinigten Deutschland, mit sich selbst.
Lavinia Nowak als Eislauflegende
Die Theaterschauspielerin Lavinia Nowak spielt die Rolle der Katarina Witt. Sie gibt nicht die strahlende Eisprinzessin, der alles zufliegt. Nein: Sie spielt eine junge, nachdenkliche Frau, die auf dem Weg zum selbstgesteckten Ziel Olympia immer wieder Rückschläge verkraften muss.
Lavinia Nowak: „Weil: Das Schöne daran ist ja auch, dass sie diese Medaille natürlich nicht bekommen wird. Und das macht den Menschen so greifbar. Also es ist die Heldin schlechthin, die aber scheitert. Und dann merken wir: Es geht wahrscheinlich um was ganz anderes als zu gewinnen oder zu verlieren.“
Dagmar Manzel: „Es war schon so, dass Jutta Müller natürlich auch die große Fähigkeit, das große Talent von Katarina Witt weiterhin gesehen und geschätzt hat, und darum haben die beiden sich nochmal gefunden.“
Bühnenstar und Tatort-Kommissarin Dagmar Manzel spielt die Rolle der Jutta Müller mal spröde, streng und unnahbar, dann wieder tröstend, wie eine fürsorgliche Mutter. Hin- und hergerissen von der Identitätssuche ihres Schützlings. Trotz aller sportlichen Vorbehalte steht sie loyal zu ihrem Comebackversuch.
Manzel: „Katarina Witt hat es vorhin auch noch mal erklärt, wenn Jutta Müller gesagt hätte, ‚das mache ich nicht mehr, ich glaube nicht daran, dass du das schaffst‘, wenn sie ‚nein‘ gesagt hätte, dann hätte sie das auch nicht mehr gemacht.“
In messerscharfen Dialogen kämpfen sich die beiden durch ihre gemeinsame Geschichte. So überzeugend, erzählt die echte Katarina Witt, dass sie, als sie bei den Dreharbeiten Dagmar Manzel das erste Mal begegnete, dachte, die echte Jutta Müller stünde vor ihr. Es sei schon komisch, sein eigenes Leben verfilmt zu sehen.
Und dann auch Momente zu sehen, die du eigentlich mit dir selbst ausgemacht hast, und dann siehst du die dann doch auf der Leinwand, und ich muss auch sagen: Lavinia hat einen so tollen Job gemacht, ich bin ich und sie ist sie, und sie spielt mich, aber sie bringt ganz viel von sich selbst mit ein.
Besonders beeindrucken die Szenen, in denen es um die DDR-Vergangenheit der Ausnahmeathletin geht - zum Beispiel um ihre Stasi-Akte: 27 Ordner, 1.354 Seiten dick. Die Einträge beginnen, da ist Kati gerade mal sieben Jahre alt. Sie ist entsetzt, als sie später feststellen muss, dass ihre Trainerin von den Bespitzelungen weiß.
Wie Kati Witt ihr Publikum verzauberte
In den 1980er-Jahren gewinnt Witt zwei Mal Gold bei Olympia, vier WM- und sechs EM-Titel. Ihr Plus ist ihre ungeheure Ausstrahlungskraft - wo sie auftritt, verzaubert sie ihr Publikum.
Zuschauer: „Die Katarina ist eine Wahnsinnsfrau. Für mich eine unglaubliche Mischung aus eisenharter Disziplin und erotischem Charme.“
Wie die meisten Menschen in der DDR muss auch sie sich mit den neu gewonnenen Freiheiten im vereinten Deutschland zurechtfinden. Und muss lernen, mit Kritik an ihrer Person zu leben: eine ‚rote Socke‘ sei sie gewesen, ‚SED-Ziege‘. Auch deshalb will sie es 1994 noch einmal wissen.
Ich hatte so ein Nachhausekommen tatsächlich mit den Olympischen Spielen in Lillehammer. Als ich Teil der Nationalmannschaft von Deutschland gewesen bin. Und von dem Moment hatte ich das Gefühl, dass tatsächlich ich wieder so die Herzen der anderen geöffnet habe, die vielleicht dann so ein bisschen kritischer gewesen sind. Und da hatte ich schon das Gefühl: Ich komme jetzt nach Hause.
‚Kati - eine Kür, die bleibt‘. Im Film wird ihr sportliches Comeback mit Platz sieben in Lillehammer zur Nebensache. In Erinnerung bleibt die Haltung, mit der sie ihre Kür absolviert. Quasi stellvertretend für alle Deutschen, die mit dem Verschwinden der DDR und dem Einleben ins vereinte Deutschland ihre Probleme hatten und immer noch haben.
Am Ende sitzen Katarina Witt und Jutta Müller hinter der Bande, und der Blick in ihre Gesichter zeigt: Sie sind mit sich im Reinen.