Kathrin Röggla über

"Gesprächsabbruch“

Kathrin Röggla über "Gesprächsabbruch"
Kathrin Röggla © dpa / Jörg Carstensen
13.12.2018
Ich bin eine Gesprächsabbrecherin, das sieht doch jeder. Mit dem Gesprächsabbruch habe ich es ja grundsätzlich nicht so. Ich möchte lieber kein Gespräch abbrechen.
Ich möchte nicht die sein, die das Gespräch abbricht, aber anscheinend breche ich andauernd Gespräche ab, ohne es zu merken, ich bin eine regelrechte Gesprächsabbrecherin vor allem Nenn-Nazis gegenüber, die ja keine Nazis wären, wenn man sie nicht so bezeichnen würde, was ich tunlichst vermeide, weil ich ja Bescheid weiß, was dann geschieht.
Ich bin eine Gesprächsverweigerin, wenn ich mich nicht beleidigen oder anfeinden lasse. Ich lebe dann schon wieder in meiner Blase, wenn ich den Gesprächsfaden nicht gleich wieder aufnehme, wohingegen die Nenn-Nazis sich nicht in einer Blase bewegen, die sind ja draußen in der Wirklichkeit, Frauen und Kunstschaffende sind drinnen in ihrer links versifften Blase, das weiß ein jeder, sie sind dann in ihrer Community, wo ihre links versifften Gedanken noch Platz haben, was auch immer das heißen soll.
Freundlich ist es nicht. Muss es auch nicht, erklärt man mir. Ein Gespräch muss ja nichts Freundliches sein, und schon gar nicht harmonisch. Das verstehe ich. Auch nicht mir gegenüber. Aber es muss erst einmal geführt werden, bevor es abgebrochen wird, das denke ich doch.
Heute gibt es aber einseitige Gesprächsabbrecher, man braucht also nicht einmal ein Gegenüber, nur ein behauptetes. Die Augenhöhe hat sich auch abgemeldet. Sie hat dabei nicht einmal gezittert, was sie macht, wenn beide Gesprächspartner in leichter Bewegung sind, in Ausweichbewegungen oder weil sie frieren, sei es aus Angst oder aus Kälte.
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