Katholische Medienlandschaft in Polen

Von Youtube ins Radio

Michał Olszewski von Radio Profeto vor einer Holztür.
Der polnische Ordensmann und Medienunternehmer Michał Olszewski hat sein zunächst via Internet verbreitetes Programm "Radio Profeto" zu einer erfolgreichen Regionalwelle ausgebaut. © YouTube / Profetopl
Von Marta Kupiec · 11.11.2018
In Polen ist die Zahl katholischer Medien seit der Wende von 1989 explodiert. Christliche Radiosender, Verlage, Zeitungen und Zeitschriften bemühen sich, verschiedene Generationen mit religiösen Inhalten anzusprechen. Politik lassen manche lieber außen vor.
Michał Olszewski führt durch die Räume des katholischen Radiosenders "Radio Profeto". Mit Stolz zeigt der Herz-Jesu-Priester die modernen Sendestudios im südpolnischen Stadniki. Inzwischen hat sich das ehemalige Internetradio zu einem Regionalsender entwickelt. In Zukunft soll es landesweit zu hören sein. Ein zweites Studio in Warschau wurde bereits errichtet. Gesendet wird rund um die Uhr.
Ein rotes Herz mit Flamme, umgeben von pulsierenden Wellen ist das Erkennungszeichen des katholischen Radiosenders, der der Herz-Jesu-Priestergemeinschaft gehört. Man möchte nah an den Menschen sein und besonders die Hörer zwischen 20 und 45 Jahren erreichen. Angefangen hat es mit einem Exerzitien-Programm.
Michał Olszewski: "Die Idee für einen Sender kam uns 2011, als ich meine ersten Exerzitien auf youtube organisierte. Innerhalb einer Woche haben 350.000 Menschen in 100 Ländern die Videos gesehen. Wir wollten sie nicht verlieren, deshalb haben wir dann ein Internetportal gegründet, das ein ganzes Jahr lang Online-Exerzitien angeboten hat."

Statt Nachrichten christliche Musik

Vor fünf Jahren ist daraus ein Internetradio entstanden. Während des Weltjugendtags 2016 soll es stündlich bis zu 50.000 Hörer gehabt haben, sagt der 36-jährige Gründer der Radiostation. Mehrstündige Live-Übertagungen von katholischen Jugendfestivals, Treffen mit berühmten Predigern, Spezialsendungen für Kinder oder Anhänger einer gesunden Küche unterscheiden dieses moderne Evangelisierungsmedium von der Konkurrenz. Politische Debatten, wie bei dem umstrittenen "Radio Maryja", dem einzigen katholischen Sender, der in ganz Polen zu empfangen ist und seit 26 Jahren sendet, gibt es nicht.
Olszewski: "Wir haben beschlossen, dass es bei uns keine Politik und daher auch keine Nachrichten geben wird. Damit haben wir eine Nische besetzt und auch Menschen erreicht, die nach einem Ort suchten, wo es die beste christliche Musik aus der ganzen Welt gibt. Wir arbeiten mit der polnischen Bischofkonferenz zusammen und wir übertragen alle wichtigen Ereignisse, die der Wiederevangelisierung, also der erneuten Einwurzelung des Evangeliums Jesu Christi in einer säkularen Welt dienen. Unser neuestes Projekt hat mit Papst Franziskus zu tun – wir wollen seine Lehre popularisieren."

Konkurrenzkampf zwischen katholischen Radiosendern

Täglich wird bei Radio Profeto die Heilige Schrift erklärt, das Stundengebet und der Rosenkranz dürfen auch nicht fehlen. Das macht den Sender auch für ältere Hörer attraktiv. Seit der Wende von 1989 hat die katholische Radiolandschaft einen enormen Zuwachs verzeichnet. Trotz einiger Pleiten hat der Radiohörer derzeit die Wahl zwischen 34 Stationen, erklärt Michał Olszewski. Er ist der priesterliche Leiter der Mediengruppe Profeto, zu der auch der Radiosender gehört.
Olszewski: "Jede Diözese hat einen Sender mit eigener Frequenz – das ist durch das Konkordat geregelt. Der Kampf wird hauptsächlich zwischen den diözesanen Sendern ausgetragen. Aber weil die meisten von ihnen nur regional zu empfangen sind, kommen sie sich auch nicht in die Quere. Unser Angebot ist dagegen einzigartig."
Auch deswegen, weil "Profeto" inzwischen eine Mediengruppe bildet, zu der auch ein Online-Shop gehört, der christliche Hörbücher, DVDs oder Kaffee für einen guten Zweck vertreibt. Aus dem Erlös wurde bereits der Bau von Brunnen im Tschad finanziert. Ein ausgeklügeltes Finanzierungsmodel macht den Sender sattelfest, im Vergleich zu anderen, die recht klein sind und finanzielle Sorgen haben, sagt Michal Olszewski, der selbst aus einer Unternehmerfamilie stammt.
Olszewski: "Ein Drittel unserer Einnahmen kommt aus Spenden – zum Beispiel haben zwei Hörerinnen einen Übertragungswagen für 150.000 Euro finanziert. Das zweite Drittel steuert die klostereigene Stiftung bei, die auch Bücher verlegt oder IT-Programme für die Kirche anfertigt. Das letzte Drittel erarbeite ich mit einem Priester-Kollegen namens Karol. Wir organisieren Exerzitien und sind als Missionare unterwegs."
Michał Olszewski ist auch ein gefragter Buchautor, der die "Frohe Botschaft" rund um den Globus verkündet.

Bücherhunger nach der Papierrationierung

Katholische Bücher zu verlegen – das ist das Hauptanliegen des Krakauer Verlags "Esprit". Agnieszka Rudziewicz ist stellvertretende Verlagschefin.
Rudziewicz: "Nach 1989 war das gedruckte Wort in Polen sehr begehrt. Kein Wunder – denn unter den Kommunisten herrschte Zensur, das Papier wurde rationiert. Als der Kommunismus in Polen fiel, wurde uns klar, dass nun eine Lücke geschlossen werden kann, weil vorher keine religiösen Bücher verfügbar waren. Landesweit gibt es derzeit über 200 Verlage, die religiöse Bücher verlegen."
Ein Viertel davon sitzt in Krakau, dem Sitz des Erzbistums mit seinen 130 Kirchen. Seit 12 Jahren gehört auch "Esprit" dazu und schreibt trotz starker Konkurrenz schwarze Zahlen. Man habe den Zeitgeist erkannt, meint Agnieszka Rudziewicz:
"Wir haben uns entschlossen, nicht nur katholische Bücher zu verlegen, sondern auch solche von christlichen Autoren anderer Konfessionen. Es sind Zeugnisse von großen Bekehrungen, von einem gottzugewandten Leben. Die Leser suchen etwas, was sie berührt."

Geschichten von Heiligen, Gedanken von Päpsten

Ein Buch über den neapolitanischen Priester Dolindo mit seinem Spruch "Jesus, sorge Du" führt derzeit die Rankinglisten der christlichen Bücher in Polen an. Aber es sind auch andere Titel, auf die Agnieszka Rudziewicz stolz ist:
"Wir verbreiten das medizinische Wissen von Hildegard von Bingen und das Gedankengut von Papst Benedikt XVI. Aber wir wollen auch einheimische Geschichten erzählen – zum Beispiel von polnischen Heiligen, weil sie das Religionsempfinden unserer Leser gut treffen und ihren seelischen Bedürfnissen entsprechen."
Berichte über den Glauben oder das Kirchenleben in Polen greifen auch über 90 katholische Zeitschriften und Zeitungen auf, die es derzeit im Land an der Weichsel gibt. Einigen von ihnen wie der Zweimonatszeitschrift "Polonia Christiana" wird vorgeworfen, eine national-konservative Haltung zu vertreten. Die überregionale Wochenzeitung "Gość Niedzielny" - "Sonntäglicher Gast" gilt dagegen als gemäßigt und zählt trotz kleiner Auflage von über 180.000 Exemplaren zu den meistverkauften Wochenzeitungen in Polen.
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