Stimmung an der katholischen Basis

"Wir sind die Kirche"

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Pfarrer Rainer Maria Schießler hält vor zahlreichen Besuchern im Rahmen eines Open Air Gottesdienstes eine heiligen Messe im Innenhof des Hofbräuhauses.
Pfarrer Rainer Maria Schießler glaubt an den Aufbruch an der Basis der Katholischen Kirche. © picture alliance / dpa / Felix Hörhager
Rainer Maria Schießler im Gespräch mit Axel Rahmlow  · 29.01.2022
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Trotz des Missbrauchsskandals glaubten viele Mitglieder der katholischen Kirche an deren Reform, sagt der Münchner Stadtpfarrer Rainer Maria Schießler. Es herrsche sogar Aufbruchstimmung und die Basis werde durch das neue Gutachten eher gestärkt.
Seit im Erzbistum München und Freising das Gutachten über den Umgang der katholischen Kirche mit Missbrauchsopfern veröffentlich wurde, steigt die Zahl der Austritte aus der katholischen Kirche weiter. Für Empörung sorgt auch, dass nun auch der ehemalige Papst Joseph Ratzinger im Mittelpunkt des Skandals steht.

Aufbruchstimmung an der Basis

An der Basis sei die Tonlage weniger vorwurfsvoll und dramatisch, sagt der Münchner Stadtpfarrer Rainer Maria Schießler über die Stimmung in den Gemeinden. "Unglaublich vernünftig und einsichtig" seien viele. Eine Frau habe ihm gesagt, es zeige sich nun, dass auch ein Papst fehlbar sei.
Der Altpapst sei zu dem Zeitpunkt der Vorfälle fünf Jahre lang Erzbischof gewesen, als die Aufmerksamkeit für den Missbrauchskandal leider noch nicht so groß gewesen sei wie heute. "Da ist der Fehler passiert."
Schießler warnt davor, die katholische Kirche auf eine Person zu reduzieren. Die Stimmung an der Basis sei: "Wir sind diese Kirche." Dort erlebe er eher eine gewisse Aufbruchstimmung.

Neue Chance für synodalen Weg

Gerade jetzt gehe es vielen Gläubigen um diesen Dreiklang von Aufarbeitung, Prävention und Reform. Es gehe nicht nur darum, sich in Entschuldigungen zu ergehen, sondern sich wirklich verändern zu wollen.
Im Reformprozess des synodalen Wegs werde bereits miteinander geredet und zugehört, so Schießler. Es müsse alles besprochen werden: "Braucht diese Kirche noch ein Pflichtzölibat, braucht diese Kirche noch eine Regelung, wo wir die Frauen qua ihres Geschlechts von den Ämtern ausschließen? Wie behandeln wir und wie reden wir über Sexualmoral?" Dabei gehe es nicht nur um strukturelle Fragen, sondern um die Theologie.

Veränderung von innen möglich

Trotz des Gutachtens und der Kirchenaustritte sei die Basis jetzt gestärkt, erwartet der Stadtpfarrer. "Ohne uns geht nichts mehr, es gibt kein Zurück mehr." Es sei bedauerlich, dass so viele Katholiken die Kirche verließen, sie würden für die Veränderungen in ihr dringend gebraucht.
"Ich kann hier nur verändern, wenn ich dabei bleibe." Er verwies auf die Arbeit in den Gemeinden, sei es in der frühkindlichen Musikerziehung oder in der Seniorenbetreuung. "Uns alle jetzt über einen Kamm zu scheren, das hat mit zivilisiertem Verhalten nichts zu tun."

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