Bischöfe unter Druck

Kann sich die katholische Kirche noch erneuern?

86:42 Minuten
In Rom öffnet sich die größe Tür zur Generalaudienz bei Papst Franziskus I. einen Spalt weit.
© picture alliance / Pressebildagentur ULMER
Moderator: Vladimir Balzer · 05.02.2022
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Ein Netz aus Schweigen, Vertuschen, Lügen: Der Missbrauchsskandal erschüttert die katholische Kirche. Einmal mehr zeigt sich der starre Machtapparat. Die Zahl der Kirchenaustritte steigt. Was muss sich ändern?
Nach dem Gutachten zum sexuellen Missbrauch im Erzbistum München und Freising ist klar, dass in der katholischen Kirche über Jahrzehnte systematisch vertuscht, geschwiegen und gelogen wurde, bis hinauf zum mittlerweile emeritierten Papst Joseph Ratzinger. Außerdem wächst die Kritik an der starren Sexualmoral und an den patriarchalen Machtstrukturen, die Frauen keine Chancen auf wichtige Ämter geben. Viele Gläubige sind enttäuscht, der Kirche laufen die Mitglieder weg.
Es gibt Versuche der Veränderung wie die Reformbewegung „Synodalen Weg“, der in Frankfurt am Main tagt. Einige Bischöfe zeigen sich offen dafür. Aber kann die Kirche sich noch erneuern? Will sie das überhaupt? Und was müsste dafür passieren?

„Das Machtsystem der Kirche zerbröckelt“

"Wir leben in einer Wendezeit, das Machtsystem der Kirche zerbröckelt", sagt Maria Mesrian. "Der Missbrauchsskandal hat einen Riss hineingebracht und die Erkenntnis, dass das systembedingt ist und vom System gedeckt wird.“
Die Theologin ist Sprecherin der Reformbewegung „Maria 2.0“. Die bundesweite Initiative fordert die Gleichstellung von Frauen in Amt und Lehre, die Aufhebung des Pflichtzölibats, eine Abkehr von der „lebensfremden Sexualmoral“ sowie die Trennung von Staat und Kirche: „Es braucht eine Macht- und Gewaltenteilung.“
Mehr denn je stelle sich für die Theologin Mesrian die Frage: „Wem gehört die Kirche eigentlich?“ Für sie ist die Antwort klar: „den Menschen“. Sie setzt auf die Kraft von innen.

Kirchenschutz vor Kinderschutz

„Die Bischöfe haben versagt“, findet Bernhard Sven Anuth, Professor für Kirchenrecht an der Universität Tübingen, im Hinblick auf den Missbrauchsskandal. Das Interesse sei darauf gerichtet gewesen, den Ruf der Kirche zu schützen. „Das ging vor Kinderschutz.“ Die Kirchenführung habe im Zweifelsfall lieber den Skandal vermieden, statt Täter auszuliefern. Es zeige sich, dass es den Verantwortlichen auch an der Sensibilität gefehlt habe, „dass hier etwas gravierend strafrechtlich Relevantes geschehen ist.“
Der ehemalige Benediktinermönch dämpft die Hoffnungen auf Reformen. „Die katholische Kirche hat rechtliche Besitzstände bislang immer nur unter starkem Druck aufgegeben.“ Eine Demokratisierung der Kirche oder die Aufgabe der Standesstrukturen, wie sie Bewegungen wie „Maria 2.0“ fordern, „das wäre keine Erneuerung, sondern Selbstaufgabe“, so Anuth. 
Auch der „Synodale Weg“ werde die Erwartungen an Reformen nicht erfüllen. „Der Synodale Weg ist völlig im luftleeren Raum. Er verpflichtet niemanden. Jeder Diözesanbischof ist frei, sich an die Beschlüsse zu halten oder nicht. Das wird zu Frustration der Gläubigen führen. Ich befürchte, dass sich die Kirche noch mehr marginalisieren wird“, befürchtet Anuth.

Bischöfe unter Druck: Kann sich die Katholische Kirche noch erneuern?
Darüber diskutiert Vladimir Balzer am Samstag 5.2. von 9.05 Uhr bis 11 Uhr mit dem Kirchenrechtler Bernhard Sven Anuth und Maria Mesrian von „Maria 2.0“. Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der Telefonnummer 0800 2254 2254 sowie per E-Mail unter gespraech@deutschlandfunkkultur.de.

(sus)

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