Jurist über Inhaftierung von Doğan Akhanli

"Justiz ist jetzt am Ball"

Nahaufnahme von Akhanlis Gesicht, er redet vor einer weißen Wand.
Der türkischstämmige deutsche Schriftsteller Dogan Akhanli 2011 in Köln. © Oliver Berg / dpa
Oliver Wallasch im Gespräch mit André Hatting · 20.08.2017
Der deutsche Schriftsteller Doğan Akhanli ist nach seiner Verhaftung in Spanien unter Auflagen wieder frei und darf das Land nicht verlassen. Die spanische Justiz sei nun dafür zuständig und nicht die Politik, sagt Fachanwalt Oliver Wallasch.
Die Türkei hatte über Interpol die Inhaftierung Akhanlis angeregt. Ein wirklicher Haftbefehl sei das aber nicht, sagte der Fachanwalt für internationales Strafrecht Oliver Wallasch im Deutschlandfunk Kultur:
"Es ist eine internationale Ausschreibung im sogenannten Red Notice System von Interpol. Das bedeutet, dass die Vertragsstaaten von Interpol aufgefordert werden, eine vorläufige Inhaftierung zur Durchführung eines Auslieferungsverfahrens durchzuführen."

"Auch in Spanien sind die Justizbehörden unabhängig"

Die Bundesregierung in Person des Bundesaußenministers Sigmar Gabriel hatte angekündigt, die Auslieferung von Doğan Akhanli verhindern zu wollen. Das hält Oliver Wallasch allerdings für eine "kühne Behauptung".
"Grundsätzlich sind auch in Spanien die Justizbehörden unabhängig. Das heißt, nicht von einem politischen Einfluss umfasst. Das heißt, zunächst einmal liegt der Ball bei der Justiz in Spanien. Das heißt, die Justiz muss überprüfen, ob die Türkei vernünftige Auslieferungsunterlagen vorlegt, die beispielsweise auch eine beiderseitige Strafbarkeit beinhalten."
Er hält eine Auslieferung nur unter der Voraussetzung für möglich, dass Akhanli ein Vergehen vorgeworfen wird, das sowohl in der Türkei als auch in Spanien strafbar ist.

Wundert sich über offizielle Linie

"Faktisch sehe ich es so, dass man derzeit, wenn man in Europa sich befindet und sich anschaut, was in der Türkei im Augenblick passiert, dass man Rechtshilfeverkehr, also verlässlichen völkerrechtlichen Rechtshilfeverkehr mit der Türkei nicht betreiben kann, weil der Rechtsstaat in der Türkei im Augenblick mit Füßen getreten wird."
Oliver Wallasch wundert sich aktuell auch über das Auswärtige Amt, denn von dort sei ihm vor wenigen Tagen mitgeteilt worden, "dass die Türkei im Rahmen des Rechtshilfeverkehrs völkerrechtliche Zusicherungen regelmäßig einhält".
Das bedeute, die offizielle Sprachregelung des Auswärtigen Amtes sei eine andere, als die, die Außenminister Gabriel aktuell kundtut, so Oliver Wallasch.
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