Jugendschutz im Internet

So bewegen sich Kinder und Jugendliche sicher im Netz

Junge Leute sitzen mit Smartphones da und spielen oder surfen
Am besten geschützt sind medienkompetente Jugendliche © Imago / dts Nachrichtenagentur
04.07.2023
Ob Handy, Laptop oder Spielekonsole: Jugendliche verbringen immer mehr Zeit online. Und da lauern viele Gefahren. Welche das sind und wie man sich schützen kann - ein Überblick.
Am Anfang war Jugendschutz eine übersichtliche Sache. Als vor 70 Jahren das "Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften" verabschiedet wurde, ging es vor allem um Bücher, Hefte und Magazine. Unsittliche sowie "Verbrechen, Krieg und Rassenhass verherrlichende Schriften", sollten für Unter-18-Jährige nicht zugänglich sein.
Als erste Werke kamen in der noch jungen Bundesrepublik drei Comics auf den Index: Zweimal der Dschungelheld "Tarzan" und "Der kleine Sheriff" aus Italien. Inzwischen ist alles komplizierter. Da sind zum einen die Verbreitungswege: Gefahren für Jugendliche lauern im Internet, auch und gerade bei Social Media-Seiten, außerdem bei Computerspielen und Handy-Apps wie TikTok. Und, es geht nicht mehr nur darum, zu verhindern, dass Minderjährige Sex und Gewalt zu sehen bekommen, sondern auch darum, sie vor sexueller Belästigung oder gar Missbrauch zu schützen.

Wie ist Jugendschutz im Internet gesetzlich geregelt?

Im Netz bestimmt das Jugendschutzgesetz, was Jugendliche sehen dürfen und was nicht, und wie sie vor Gefahren geschützt werden. Das Problem ist aber, dass Gesetzgebung lange dauert und die Entwicklung im Internet rasend schnell geht. Nachdem das Jugendschutzgesetz fast 20 Jahre unverändert geblieben war, wurde es 2021 dem Stand der Technik angepasst.
Die einheitliche Alterskennzeichnung für Spiele und Filme gibt es seitdem auch online. Daneben sollen auch Interaktionsrisiken in den Blick genommen werden. Jugendliche sollen nicht nur vor unangemessenen Inhalten geschützt werden, sondern auch vor ungewollter Kommunikation mit Fremden. Anbieter werden verpflichtet, ihre Voreinstellungen daran anzupassen. So können zum Beispiel Chatfunktionen eingeschränkt werden. Falls sich Kinder oder Jugendliche von anderen Usern bedroht fühlen, muss es Hilfs- und Beschwerdesysteme geben.

Nützliche Links zum Thema Jugendschutz im Internet:
Jugendschutzprogramm für Smartphones und Computer
Kindersuchmaschinen "Blinde Kuh" und "Frag Finn"
Beratungsplattformen "Act on" und "Juuuport"
Allgemeine Infos auf "Jugendschutz.net" oder "Schutzraum-Medienkompetenz"

Welche Gefahren gibt es für Kinder und Jugendliche?

Klassischer Jugendschutz ist auch im Netz wichtig. Kinder und Jugendliche sollen davor bewahrt werden, Sex- und Gewaltdarstellungen zu sehen. Daneben spielen aber Interaktionsrisiken eine immer größere Rolle. Ob auf Social Media-Seiten, im Schulchat oder bei Online-Spielen, Jugendliche agieren mit anderen (unbekannten) Nutzern und geraten so in Gefahr.
Beim Cybergrooming versuchen Erwachsene, sich im Netz das Vertrauen von Kindern oder Jugendlichen zu erschleichen, nehmen etwa bei Online-Spielen unter Pseudonym Kontakt auf. Gehen die Kinder und Jugendlichen auf die Anbahnungsversuche ein, kommt es nicht selten zu sexueller Belästigung oder gar Missbrauch.
Jede oder jeder zweite Jugendliche berichtet über verstörende Erfahrungen im Netz. Dazu gehört auch Cybermobbing. Wie auf dem Schulhof, so auch im Internet: Eine Gruppe, die sich vermeintlich stark fühlt, stürzt sich auf einen schwachen Einzelnen. Das passiert auf Facebook oder Instagram, aber auch im Schulchat oder bei Messengerdiensten. Es gibt aber auch Jugendliche, die im Netz Hilfe anbieten für von Cybermobbing Betroffene.

Sexting - ungewollt strafbar

Beim Sexting werden freizügige Bilder per Messengerdienst verschickt, etwa über WhatsApp oder Snapchat. Das Weiterverbreiten von kinderpornografischen Darstellungen ist seit der Strafrechtsverschärfung 2021 unter Minderjährigen stark angestiegen. Jugendliche wissen oft aber gar nicht, dass Sexting strafbar ist, selbst wenn sie ungefragt solche Bilder erhalten, speichern und teilen.
Einmal online gestellte Inhalte kursieren oft weiter im Netz. Das kann für Betroffene äußerst belastend sein, vor allem, wenn dies auch noch mit Erpressung (Sextortion), Cybermobbing und Ausgrenzung einhergeht.
Bundesinnenministerin Faeser (SPD) will das Sexualstrafrecht wieder lockern. Statt harter strafrechtlicher Sanktionen soll ein "Bewusstsein für die Risiken beim Teilen privatester Dinge" geschaffen werden.
Neben der sexuellen Selbstbestimmung oder dem psychischen Wohlbefinden besteht außerdem auch die Gefahr, finanziell betrogen zu werden. Das kann über tückische Abomodelle oder Abzock-Spiele passieren. Es gibt aber auch Gefährdungen, die nicht unter das Jugendschutzgesetz fallen, etwa übertriebene Selbstdarstellung, Fake News oder "fomo" (von Englisch "Fear of missing out", die Angst etwas zu verpassen). Die Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz hat sie alle in einem "Gefährdungsatlas" zusammengestellt.

Wie werden die Anbieter kontrolliert?

Die Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz überprüft, ob sich alle Anbieter an die Vorgaben halten. Jugendschutzregelungen gelten grundsätzlich auch für ausländische Anbieter. Ob damit auch Webseiten, die auf obskuren Pazifikinseln registriert sind, erreicht werden, steht auf einem anderen Blatt.
Generell wird bei Verstößen zuerst ein sogenanntes "dialogisches Verfahren" in Gang gesetzt. Dabei wird versucht, das Problem mit dem Anbieter zu lösen. Gelingt das nicht, können konkrete Maßnahmen angeordnet werden wie Inhalte löschen oder mit einer Altersbeschränkung zu versehen. Werden die Maßnahmen nicht befolgt, können Bußgelder von bis zu 50 Millionen Euro verhängt werden.
Große internationale Plattformen müssen in Deutschland Empfangsbevollmächtige benennen, damit die Behörden einen Ansprechpartner haben. Programme, die von weniger als einer Million Nutzern verwendet werden, werden hingegen gar nicht kontrolliert. Das sorgt für Kritik. Oft wird dann auf Großbritannien verwiesen, wo jeder Anbieter den Anforderungen des Jugendschutzes genügen muss.

Wie kann Technik helfen?

Auf Computern oder Handys lassen sich Jugendschutzprogramme installieren. Dabei handelt es sich vor allem um Filter, die bestimmte Inhalte blockieren. Manche Programme werden auf dem Gerät des Jugendlichen installiert, manche zusätzlich auf dem Elternhandy, sodass sich das Schutzprogramm fernsteuern lässt.
Von staatlicher Seite versuchen einige Landesmedienanstalten künstliche Intelligenz beim Jugendschutz zu nutzen. Dabei wird das Internet gezielt nach Rechtsverstößen durchsucht. Strafbare Inhalte, auch auf Social Media-Plattformen, werden an Mitarbeitende gemeldet. Das Programm nennt sich KIVI, von KI für künstliche Intelligenz und dem lateinischen "vigilare" (wachsam sein).

Was können Eltern tun?

Neben der Installation eines Jugendschutzprogrammes (s. o.) können Eltern dafür sorgen, dass ihre Kinder online nur Inhalte finden, die auch für sie geeignet sind. Kindersuchmaschinen wie "Blinde Kuh" oder "Frag Finn" zeigen nur sichere Seiten an und sind vor allem für Grundschüler gut geeignet.
Beim Einrichten eines Smartphones für ihr Kind sollten Eltern laut Medienexperten sowohl einen Admin-Account als auch einen separanten Account für ihr Kind anlegen und die Sicherheitseinstellungen vornehmen. So werden nur Apps angezeigt, die für ein bestimmtes Alter vorgesehen sind.
Bei vielen Apps ist die Geo-Lokalisierung standardmäßig eingeschaltet, diese sollte aus Sicherheitsgründen ausgeschaltet werden, etwa bei Snapchat. Bei sozialen Netzwerken, etwa Instagram, sollten Kinder zunächst nur einen privaten Account bekommen. In Chats sollten Kinder und Jugendliche nicht mit Klarnamen agieren, sondern die eigene Identität stets tarnen. Eltern sollten zudem von Anfang an mit auf den Klassenchat schauen.
Das Wichtigste sei, sagen Medienpädagogen, die Kinder im Netz zu begleiten. Warum gucken sie sich was an? Gefahren sollten angesprochen werden. Was kann passieren? Wie kann man reagieren? Medienkompetenz sollte so früh wie möglich erworben werden, am besten im Gespräch mit den Erziehungsberechtigten, heißt es. Jugendschutzprogramme sollten Eltern im Idealfall zusammen mit ihren Kindern einrichten. Wenn Eltern ihre Kinder über das Smartphone tracken wollen, sollten sie sich mit ihren Kindern darüber verständigen.
Mit Jugendlichen sollte dann auch Sex thematisiert werden. Dabei muss man nicht ins Detail gehen, aber dass im Internet nicht immer die Realität abgebildet wird, ist sicher eine wichtige Erkenntnis. Es gibt auch Angebote im Internet, mit denen die Medienkompetenz junger Leute gestärkt wird, zum Beispiel "Act on" oder "Juuuport".
Ben Ebeling, tha
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