Jonas Khemiri: "Die Vaterklausel"

Ein Vertrag aus Fleisch und Blut

13:58 Minuten
Brustbild eines schlanken Mannes in einem eleganten schwarzen Anzug. Er trägt schulterlange glatte schwarze Haare und unter dem Anzug ein schwarzes Hemd.
"In fast allen Beziehungen wird irgendwann verhandelt", sagt der schwedische Schriftsteller Jonas Hassen Khemiri. © Pierre Björk
Jonas Hassen Khemiri im Gespräch mit Frank Meyer · 18.11.2020
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Familiäre Bindungen wachsen, bleiben und verändern sich bisweilen schmerzhaft und nach eigenen Gesetzen. In dem Roman "Die Vaterklausel" von Jonas Hassen Khemiri kündigt ein Sohn die Beziehung zum Vater und will nachverhandeln. Doch geht das überhaupt?
Ein Vater kehrt nach Schweden zurück, um wieder in die Familie aufgenommen zu werden, die er einst verlassen hat. Es kommt zu Reibungen, es brodelt, denn unter der Oberfläche wirken - wie so oft - Erinnerungen an schmerzliche Erfahrungen in der Vergangenheit weiter.
Jonas Hassen Khemiri betrachtet in seinem Roman "Die Vaterklausel" familiäre Bindungen; seine Figuren bleiben namenlos. Sind sie wie ein Vertragswerk oder gehen sie darüber hinaus? Wie frei kann man in einer Familie bleiben? Das ist die Frage, die den Text vorantreibt:
"In fast allen Beziehungen wird irgendwann verhandelt, manchmal auch nachverhandelt, wenn es um Freundschaften geht, oder wenn es darum geht, dass man seinen Liebsten oder seine Liebste verlässt", sagt der Schriftsteller: "Aber bei Familien ist es anders. Da kommt noch diese Dauer von Familienbeziehungen hinzu, dieses Anhaltende in einer Familie, das die Beziehung dann verändert."

Die Leser erkennen ihre eigene Familie

"Die Vaterklausel" steht auf der Shortlist des National Book Award. Khemiri bezeichnet den Roman als sein persönlichstes Werk. Umso mehr freut ihn die Rezeption in Schweden, wo das Buch schon 2018 erschienen ist:
"Ich war angenehm überrascht, dass diese Figuren, die natürlich an meine Familie angelehnt waren, bei den Lesern dann ähnliche Reflexe ausgelöst haben. Die haben nämlich an ihre Familienmitglieder dabei gedacht", so Khemiri. Für ihn sei das sehr schön, weil diese Art der Wahrnehmung seine Einsamkeit und Isolation aufbreche. Seine eigenen Gedanken seien dadurch "normaler" und "freier" geworden.
(huc)
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