John Carreyrou: "Bad Blood"

Aufstieg und Fall im Silicon Valley

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Im Vordergrund ist das Buchcover von "Bad Blood". Im Hintergrund ist das Logo des Start-ups "Theranos" an der Firmenzentrale im kalifornischen Palo Alto zu sehen.
Geld mit der Hoffnung auf eine einfache Blutanalyse: Der Skandal um das Start-up Theranos gilt als der größte Betrug im Silicon Valley. © Picture Alliance / dpa / Andrej Sokolow
Von Michael Lange |
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Der Journalist John Carreyrou hat den Betrug um das Start-up Theranos aufgedeckt. In "Bad Blood" zeichnet er den Aufstieg und Fall der Firma und deren Gründerin Elizabeth Holmes nach. Unser Kritiker war gefesselt.
Der beste Ort, um mit einer guten Idee schnell reich zu werden, ist das Silicon Valley in der Nähe von San Francisco. Dort konkurrieren hunderte, meist kleine Start-up-Unternehmen um das Geld der Investoren.
Elizabeth Holmes war eine der erfolgreichsten Gründerinnen. Ihren rasanten Aufstieg und Fall beschreibt der Journalist John Carreyrou jetzt in allen Einzelheiten, hintergründig und spannend.

Berufswunsch: Milliardärin

Nach ihrem Berufswunsch gefragt wusste Elizabeth Holmes schon als kleines Kind, was sie werden wollte: Milliardärin. Ein Studium der Chemietechnologie brach sie ab und gründete 2004 das Biotechnologie-Unternehmen Theranos.
Damals war sie gerade einmal 19 Jahre alt. Ihre Idee: Sie wollte einen Test entwickeln, der aus wenigen Tropfen Blut in kurzer Zeit und für wenig Geld mehr als 70 Laborwerte ermittelt. Neben Blutzucker, Cholesterin und verschiedenen Biomarkern sollte der Test auch Bakterien und Viren anhand der DNA nachweisen.
Durch ihr begeisterndes Auftreten konnte die junge Frau viele Investoren von ihrer Idee überzeugen. Bald arbeitete Theranos mit großen Supermarktketten zusammen, die das medizinische Testsystem ihren Kunden anbieten wollten.

Kultur des gegenseitigen Misstrauens

Auch das US-Militär zeigte Interesse. 2015 beschäftigte Theranos 800 Mitarbeiter, und Elizabeth Holmes hatte ihr Ziel erreicht. Sie war Milliardärin und gehörte laut "Time"-Magazin zu den hundert einflussreichsten Menschen der Welt.
Eindrucksvoll und mit vielen Details beschreibt der investigative Journalist John Carreyrou, wie im Unternehmen eine Kultur gegenseitigen Misstrauens entstand. Die charismatische Firmenchefin duldete keine Kritik, von den zahlreichen Problemen bei der Entwicklung des Tests wollte sie nichts hören.
Die Experten in den Laboren wussten nicht, was in anderen Abteilungen der Firma ablief. Wer aufmuckte, wurde entlassen.
Um Kooperationspartnern und Geldgebern ein funktionstüchtiges System zur Blutanalyse zu präsentieren, griff die Firmenleitung immer häufiger auf Tricks zurück. 2015 brach alles zusammen. Elizabeth Holmes verlor ihr riesiges Vermögen und wurde angeklagt wegen Betrugs.

Zahlreiche Preise für die Recherche

John Carreyrou hat unzählige Geschäftspartner und ehemalige Mitarbeiter von Theranos befragt. Er beschränkt seine Analyse zwar auf ein einzelnes Unternehmen, aber viele Abläufe, die er im Detail beschreibt, gibt es auch in anderen Firmen.
Die wissenschaftlichen Hintergründe und die mögliche Aussagekraft von Bluttests erklärt er nur am Rande. Trotzdem hat er es auf Platz 1 der "Best Non-fiction Books of 2018" des "Time"-Magazins geschafft und auch andere zahlreiche Preise abgeräumt.
Denn John Carreyrou zeigt eindrücklich: Die Gründer vieler Start-ups halten bis zuletzt an ihrem Traum fest, auch wenn die Fakten gegen sie sprechen. "If you can´t make it, fake it!" ("Wenn du es nicht hinbekommst, tu so als ob"). Auf Dauer kann das nicht funktionieren. Gerade das zeigt dieses spannende Sachbuch.

John Carreyrou: "Bad Blood. Die wahre Geschichte des größten Betrugs im Silicon Valley"
Übersetzt aus dem amerikanischen Englisch von Karlheinz Dürr
DVA, München 2019
400 Seiten, 24 Euro

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