Sachbuch "Mutter Erde"

Ohne den Erhalt der Böden geht es nicht

06:15 Minuten
Das Foto zeigt ein Buchcover, darauf steht in weißer Schrift der Titel „Mutter ERDE – Wie der Verlust des Bodens unseren Planeten bedroht“. Das Titelfoto zeigt grünen, mosigen Boden, fotografiert aus der Froschperspektive.
© Ullstein Buchverlage

Matthias Rillig, Jörg Blech

Mutter Erde. Wie der Verlust des Bodens unseren Planeten bedrohtUllstein Verlag, Berlin 2025

384 Seiten

25,99 Euro

Von Günther Wessel |
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In einer Handvoll Erde leben Milliarden Organismen: Bakterien, Pilze, Urtierchen, Fadenwürmer. Sie sorgen dafür, dass das Ökosystem funktioniert. Was Erde bedeutet, wie man sie nutzen und schützen könnte, beschreiben Jörg Blech und Matthias Rillig.

Böden sind verschieden. Sie sind ein Gefüge aus verwittertem Gestein, organischer Substanz, Luft und Wasser und somit abhängig vom Klima, dem mineralischen und organischen Ausgangsmaterial, aber auch der Topografie und der Zeit.

Fruchtbare Böden sind bedroht

Auch das menschliche Handeln verändert sie. In Deutschland ist kaum ein Stück Boden unberührt. Er wurde entwaldet und wieder aufgeforstet, gepflügt, bepflanzt und gedüngt, er ist mit Plastikpartikeln und Chemikalien versetzt.
Die je nach Region zwischen einigen Zentimetern und mehreren Metern dicke Bodenschicht leidet weltweit. Bis zu 40 Prozent der Landflächen sind erheblich geschädigt. Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der UN fürchtet, dass bis 2025 mehr als 90 Prozent aller fruchtbaren Böden bedroht sind.
Jörg Blech und Matthias Rillig beschreiben sehr genau, manchmal zu detailverliebt, aber sehr gut lesbar, welche Rolle im Ökosystem der Erde die Böden einnehmen. Sie versammeln neuste Erkenntnisse, erzählen direkt aus der Forschung.

Ab und zu mal ein wenig Erde essen

Böden sind mit bis zu 162 Milliarden Arten der artenreichste Lebensraum der Erde und somit mit überragender Bedeutung für die Biodiversität. Hier leben Fadenwürmer und Einzeller, Maulwürfe und weltweit 3000 Arten von Regenwürmern. Vor allem aber Bakterienstämme, von denen viele antibiotische Wirkstoffe besitzen – Forscher hoffen, diese perspektivisch nutzen zu können.
Es ist laut den Autoren keine schlechte Idee, ab und an etwas Erde zu essen – was Menschen jahrtausendelang überall getan haben. Sie enthält Spurenelemente wie Magnesium, Calcium, Kalium und Eisen. Man weiß inzwischen auch, dass intensiver Kontakt zu Boden Autoimmunerkrankungen vorbeugt.
Wichtig ist der Boden auch für das Klima. Er speichert etwa 1700 Gigatonnen Kohlenstoff – in der Atmosphäre befindet sich ungefähr die Hälfte. Wobei der Mensch allerdings durch Trockenlegung von Moorböden dafür sorgt, dass große Mengen an Kohlenstoffäquivalenten ausgasen. In Deutschland allein sind es ca. 48 Millionen Tonnen im Jahr. Das entspricht etwa der Menge aus der Industrieproduktion.

Die Landwirtschaft und die Böden

Eine Schlüsselfunktion kommt der Landwirtschaft zu. Sie braucht gute Böden, ist aber zugleich der Hauptgrund für deren Degradierung. Überdüngung zerstört die wichtigen Pilzstrukturen im Untergrund, tiefes Pflügen die natürliche Humusbildung, zu schweres Gerät verdichtet die Erde. Wasser wird dann nicht mehr aufgenommen, sondern läuft an der Oberfläche ab und spült die fruchtbare Schicht weg. Von zu großen Feldern, die nicht durch Hecken und Baumreihen geschützt sind, treibt der Wind die Krume davon.  
Die Autoren belassen es aber nicht bei der Bestandsaufnahme. Sie benennen, was nötig ist: eine andere Form der Landwirtschaft, auch eine andere Art der Ernährung, denn Fleischproduktion braucht zu viel Fläche. Zunächst aber wäre es wichtig, den wahren Wert des Bodens zu erkennen – das Buch „Mutter Erde“ hilft genau das zu verstehen.
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