Aus den Feuilletons

Zwei Päpste, zwei Meinungen, eine Spaltung

06:27 Minuten
Papst Franziskus und Papst Benedikt XVI. geben einander die Hand. Um sie herum stehen Fotografen.
Eigentlich hatte Papst Benedikt versprochen, sich aus dem Rampenlicht zurückzuziehen, doch ein Buch, an dem er mitgewirkt hat, sorgt für Aufregung. © Maurizio Brambatti/dpa/picture alliance
Von Klaus Pokatzky · 18.01.2020
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Der Zölibat hat das Zeug zur Kirchenspaltung, wie wir in der "NZZ" lesen konnten: Während der amtierende Pontifex, Franziskus, sich eine Lockerung zumindest für bestimmte Regionen vorstellen kann, ist der zurückgetretene Papst, Benedikt XVI., strikt dagegen.
"Eine Krise ist der beste Anlass und die günstigste Zeit, um über Führungskräfte zu sprechen." Das lasen wir in der Tageszeitung DIE WELT als "philosophische Handreichung" zur "Kunst des Entlassens". Tiefschürfende Gedanken einer wahren Führungskraft sind das – die auch nicht verschweigt, "warum Entlassungen manchmal nicht so über die Bühne gehen, wie man es sich vorgestellt hat". Wladimir Putin heißt unser handreichender Philosoph. DIE WELT gab einen Text von ihm wieder, der 2009 in einer russischen Zeitschrift veröffentlicht wurde:
"Es ist zum Beispiel klar, dass jeder normale Mensch für die Verwirklichung jener Aufgaben kämpft, mit denen er betraut wurde", erfahren wir da noch und schweben mal ganz rasch von den Mauern des Kreml ganz weit hinter andere Mauern, wo sich gerade viele Führungskräfte fragen, mit welchen Aufgaben ein Mann noch betraut ist, der sich doch eigentlich zurückziehen wollte.

Von Demut und Unterordnung keine Spur

"Hatte er nicht 2013 bei seinem Rücktritt verkündet, künftig für die Welt verborgen zu bleiben?", fragte CHRIST UND WELT, die Beilage der Wochenzeitung DIE ZEIT. "Von Demut und Unterordnung kann bei Papst Benedikt XVI. keine Rede sein", musste Andreas Öhler aber feststellen angesichts der Tatsache, dass der "Papa emeritus" seinen Nachfolger auf dem päpstlichen Stuhle ganz heftig angeht.
"Das ist eine Geschichte, die das Zeug hat, das Gespenst der Kirchenspaltung heraufzubeschwören", fand die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG. "Der emeritierte Benedikt XVI. hat gemeinsam mit Kardinal Robert Sarah, dem Leiter der römischen Gottesdienstkongregation, im französischen Verlag Fayard ein Buch herausgebracht", schrieb Jan-Heiner Tück. "Beide Verfasser wenden sich vehement gegen eine Reform der Zulassungsbedingungen zum priesterlichen Amt."

Distanzierung via Twitter

Es geht um den Zölibat, das allerkatholischste Heiratsverbot für Priester. Reformkräfte im Vatikan möchten den Zölibat zumindest für bestimmte Regionen lockern, und der amtierende Papst Franziskus scheint dafür Sympathien zu haben – etwa, wenn es um entlegene Gebiete wie die Pazifischen Inseln geht.
"Das genügt offenbar, dass die Truppen zum letzten Gefecht blasen", hieß es in CHRIST UND WELT, wo allerdings auch darauf hingewiesen wurde, dass der zurückgetretene Papst mit dem frisch erschienenen Zölibatsbuch aber nicht so viel zu tun haben möchte: "Benedikt will nun offenbar nichts Genaueres über das Buch gewusst haben, er betont nun plötzlich, er sei nicht Co-Autor dieses Werkes", schrieb Andreas Öhler.
"Kardinal Robert Sarah hat sich", so die NEUE ZÜRCHER, "in einer Stellungnahme entschieden gegen den Vorwurf der Instrumentalisierung zur Wehr gesetzt. Die Publikation sei mit dem emeritierten Papst abgesprochen gewesen." Das lief über Twitter; und spätestens hier denken wir: Wir sind nicht im Vatikan – wir sind im Weißen Haus beim trumpigen Donald.

Unerwartet frischer Wind in Buckingham Palace

"Schwieriger ist es, eine Arbeitsatmosphäre zu schaffen", wies uns Wladimir Putin auf die Grundlagen des Schaffens hin. "Und noch schwieriger ist es, die Leute dazu zu bringen, dass sie auch arbeiten. Das muss man können." Und manchmal auch reichlich leiden.
"In dieser Woche ist ein königliches Paar aus dem Rampenlicht getreten und hat damit die gnadenlos feindselige Presse empört", stand in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG zur Selbstentlassung von Prinz Harry und seiner Herzogin Meghan aus dem Dienst der britischen Monarchie. "Meghan Markle ist in sehr geringem Maße nicht ganz weiß", schrieb die Schriftstellerin A. L. Kennedy.
"Sie ist ein Fernsehstar, schön, eloquent, attraktiv und mit königlichem Nachwuchs verbunden – aber für das britische Establishment zählt nur, weiß zu sein. Harrys Mutter", also Lady Di, "wurde von der gleichen Presse zu Tode gehetzt, die jetzt seine Frau verleumdet und seinen Sohn mit einem Äffchen vergleicht". Und hasserfüllte Krokodilstränen vergießt.
"Als Tochter eines weissen Amerikaners und einer Afroamerikanerin passte Markle gut nach Grossbritannien, das europäische Land mit der höchsten Zahl an ethnisch gemischten Ehen", erinnerte die NEUE ZÜRCHER. "Endlich, so freuten sich viele, repräsentierte ein Mitglied des Königshauses Normalität. Meghan Markle versprach frischen Wind in Buckingham Palace. Den gab es, doch er wehte aus einer anderen Ecke als gedacht", schrieb Marion Löhndorf. "Die Braut musste rassistische Anfeindungen erleben."
Da helfen auch die besten "philosophischen Handreichungen" aus Russenland nichts. "Im Prinzip ist ein Konflikt als solcher nichts Schlimmes", meinte Wladimir Putin in der WELT. "Nur sollte er einfach dazu führen, dass es zu einer optimalen Lösung kommt."

Beziehungstipps von Jason Derulo

Wir hören da noch einen anderen Ratgeber. "Man will sich doch streiten mit der Person, die man liebt, weil man nicht immer einer Meinung sein kann." Das lasen wir in einem Interview der WELT. "Das wäre doch total langweilig, man muss doch seine eigene Meinung haben", gab uns der amerikanische Musiker Jason Derulo seine Tipps fürs Beziehungsleben. "Wenn meine Partnerin zu macht, bin ich vielleicht zu weit gegangen. Sie sollten nur mit jemanden zusammen sein, der das versteht."
Wladimir Putin hätte das nicht schöner ausdrücken können.
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