Diskussion um Zölibat

Benedikt setzt Nachfolger Franziskus unter Druck

05:59 Minuten
Franziskus und Benedikt stehen in weißen Roben nebeneinander. Der links stehende Franziskus hat ein goldenes Kreuz an einer Kette um den Hals, Benedikt hat seine Hände gefaltet.
Mit seinem Nachfolger womöglich unzufrieden: Der zurückgetretene Papst Benedikt (r.) versucht, sich den Veränderungen seines Nachfolgers Franziskus (l.) entgegenzustellen. © Picture Alliance / dpa / Osservatore Romano
Jörg Seisselberg im Gespräch mit Julius Stucke · 13.01.2020
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In der katholischen Kirche herrscht Streit: Papst Franziskus wird wegen des Vorhabens, das Zölibat zu lockern, von seinem Vorgänger Benedikt kritisiert – obwohl dieser sich eigentlich öffentlich zurücknehmen wollte.
Während Franziskus daran sitzt, die Bedeutung des Zölibats neu zu formulieren, meldet sich genau zu diesem Thema sein Vorgänger Benedikt XVI. zu Wort. Der deutsche Papst, der 2013 auf sein Amt verzichtet hat, meint, das Priesteramt müsse in der römisch-katholischen Kirche für verheiratete Männer tabu bleiben, wie es in einem Buch heißt, das am Mittwoch erscheinen soll. Bereits jetzt sorgen die Aussagen weltweit für Diskussionen. Der italienische Bischof Domenico Mogavero sieht in der Benedikt-Äußerung sogar den Versuch, die bevorstehende Papstentscheidung zu beeinflussen.

Regionale Ausnahmen für Zölibat

Die Öffnung des Zölibats hat die von Franziskus gewollte Amazonas-Synode im Herbst befürwortet. Mehrheitlich ist damals im Vatikan die Empfehlung beschlossen worden, regionale Ausnahmen vom Zölibat zu erlauben und im Kirchenleben bewährte Männer, sogenannte Viri probati, zum Priesterdienst zuzulassen. Das nachsynodale Schreiben von Franziskus zum Thema wird in den nächsten Wochen erwartet.
Zwar habe Benedikt bei seinem Rückzug angekündigt, sich zukünftig öffentlich zurückzuhalten. Doch dies falle dem Theologen mit dem bürgerlichen Namen Joseph Ratzinger nicht so einfach, wohl weil es sich um Dinge handle, die ihm am Herzen lägen, vermutet Rom-Korrespondent Jörg Seisselberg. "Da ist Benedikt auch nur Mensch, auch wenn er mal Papst war. Deswegen fällt es ihm offensichtlich nicht so leicht, sich an Gelübde zu halten", meint der Journalist. Das sei wohl inbesondere so, wenn es um Kernfragen der Kirche gehe.

Konservative suchen Nähe zu Benedikt

Es sei offenbar nicht so, dass Benedikt damit einverstanden sei, was unter seinem Nachfolger geschehe, der sehr viel mehr Diskussionen zulasse. Dies betreffe nicht nur das Zölibat, sondern zuvor bereits die Möglichkeit, Wiederverheiratete zur Kommunion zuzulassen. "Das sind Diskussionen, die in eine andere Richtung gehen, als sie Benedikt immer vertreten hat", sagt Seisselberg.
Es gebe immer noch viele Anhänger des emeritierten Papstes in der Katholischen Kirche und speziell in der Kurie, erläutert der Journalist. Darunter sei auch der erzkonservative Kardinal Robert Sarah, mit dem gemeinsam Benedikt das Buch geschrieben hat. Sarah habe bewusst die Nähe zu dem ehemaligen Papst gesucht, "um seine sehr strikten Thesen gegen eine Lockerung des Zölibats mehr Widerhall zu verschaffen", so Seisselberg.
(rzr)
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