Christoph Peters: Herr Yamashiro bevorzugt Kartoffeln
Luchterhand-Verlag München, Mai 2014
224 Seiten, 18,99 Euro
Eine Parabel auf japanische Teeschalen - und das Leben

Japaner an der Ostsee, die Mettbrötchen essen und Schnaps trinken, aber eigentlich einen Ofen bauen sollen: Das ist der Ausgangspunkt von Christoph Schneiders höchstvergnüglicher Geschichte über japanisches Kunsthandwerk und die große Schwierigkeit, eine vollendete Teeschale zu töpfern.
Christoph Peters: "Ich bin immer gedanklich auch in Japan, dadurch, dass ich Teezeremonie übe und das mehr oder weniger jeden Tag mache, und mich intensiv also mit diesen japanischen Keramiken beschäftige und darüber nachdenke, was es damit auf sich hat."
Die Faszination für die japanische Kultur zieht sich wie ein roter Faden durch das Werk Christoph Peters'. Schon in seinem großartigen Roman "Mitsukos Restaurant" vermischte er auf überraschende Weise deutsche Wanderheim-Romantik mit japanischen Kochkünsten. Auch die Hauptfigur seines neuen Buches, Ernst Liesgang, dürfte manchen Lesern schon aus Christoph Peters Erzählungen bekannt sein.
"Für eine reife Teeschale muss man ein reifer Herr sein"
War Liesgang damals noch angehender Schüler eines japanischen Keramikmeisters, hat er nun die harte Lehre hinter sich und lässt sich kurz vor der Wende in dem kleinen Dorf Rensen an der Ostsee nieder. Ganz nah bei seinem realen Vorbild also, dem Käthe Kollwitz' Urenkel Jan, der in Japan traditionelle japanische Holzbrandkeramik gelernt hat, seit langem in Cismar seine Kunst betreibt und dem dieser Roman gewidmet ist:
"Jan Kollwitz hat mal gesagt, er hätte in Japan gelernt, ein Töpfer kann eine brauchbare Teeschale erst ab fünfzig machen. Vorher ist er zu nervös, zu eitel, will er zu viel, hat er nicht lange genug geübt. Und eine wirklich reife Teeschale, dafür muss man schon ein wirklich reifer Herr sein."
Das gilt auch für den überaus versierten Ofenbaumeister Tatsuo Yamashiro, der Ernst Liesgang einen Anagama-Ofen bauen soll.
Mit wunderbarer Klarheit und Leichtigkeit erzählt
"Und es sind einfach diese ganz elementaren Kräfte aus Erde und Feuer, die dazu führen, dass die Keramiken so schön werden und die dem ganzen nachher eben einen Ausdruck verleihen, als wären sie nicht von Menschenhand gemacht, sondern wirklich auf einem natürlichen Prozess entstanden."

Christoph Peters, Herr Yamashiro bevorzugt Kartoffeln© Promo
Mit wunderbarer Klarheit und Leichtigkeit erzählt Christoph Peters von den Irritationen, die die japanische Delegation im Erstkontakt mit holsteinischer Herzlichkeit erlebt. Während Gastgeber Liesgang versucht, sämtliche der komplexen japanischen Höflichkeitsrituale und -regeln zu befolgen, kümmert sich Meister Yamashiro kaum um die Einhaltung von Konventionen.
Als Großvater genießt er in Japan ohnehin Narrenfreiheit und darf sich, zum Entsetzen seiner mitgereisten Landsleute, die von Dorfwirtin Herta Mölders servierten Mettbrötchen mit Schnaps ungeniert schmecken lassen.
Ein hochkomplexes Verständnis von Kunsthandwerk
Immer wieder erzeugen die interkulturellen Missverständnisse in dieser Geschichte höchst komische Situationen, in denen doch immer auch etwas erkennbar wird vom tieferen Sinn des Seins. Ganz so, wie die scheinbar so einfachen Teeschalen einem hochkomplexen Verständnis von Kunst-Handwerk entstammen. Wobei sich, was das betrifft, eine Töpferscheibe eigentlich kaum vom Schreibtisch unterscheidet:
"Da läuft halt alles übers endlose Üben, damit man über die endlose Übung der Prozesse, die man da macht, in einen Zustand kommt, wo man dann wirklich frei ist, wo man sich keine Gedanken mehr darüber machen muss, was zu passieren hat."
... zu einer Meisterschaft in der Behandlung seines Materials – das beherrscht Christoph Peters virtuos, wie er mit diesem ebenso amüsanten wie tiefsinnigen Buch einmal mehr beweist.