Regisseur Jan Soldat
Kaum jemand starb öfter als Udo Kier in Film und Fernsehen: Szene aus "Staging Death". © Jan Soldat / found footage
65 Todesszenen mit Udo Kier
22:24 Minuten

Die Kritik tat seine Filme über Sex, Außenseiter und Kranke als Provokation ab. Inzwischen ist Jan Soldat als Regisseur viel beachtet. In Cannes ist jetzt ein Kurzfilm von ihm zu sehen: acht Minuten Sterbeszenen aus der Karriere Udo Kiers.
Über 70 Mal sei Udo Kier im Film gestorben, berichtet der Filmregisseur Jan Soldat. 65 Tode zeige er in „Staging Death“. Die Recherche in Serien, Kurzfilmen, Werbeclips, Spielfilmen und Dokus habe neun Monate gedauert. Es war nicht nur ein Hochgenuss. Kier habe etwa 200 Filme gemacht, erzählt Jan Soldat, und über sein Schaffen habe der Schauspieler einmal gesagt: ‚Hundert davon sind Schrott, 50 sind okay, und 20 kann man sich angucken.‘ Soldat: „Mir ging es ähnlich“.
Jan Soldat war vor 16 Jahren über Umwege zum Film gekommen. Die Themen „Körper“ und „Körperhorror“ interessierte den Chemnitzer von Anfang an: „Kotze, Blut, das ganze Zeug“, sagt er. Beim Studium an der Filmhochschule kam der Jungregisseur dann zum Dokumentarfilm und blieb dabei.
Interesse an intimen Momenten
Es seien „tendenziell intime Momente“, die ihn interessieren, sagt Soldat. „Wie kann ich die filmen? Kann ich die filmen? Was passiert mit Intimität, Privatsphäre? Wo kann ich die Kamera einstellen, dass sie keinen Druck ausübt? Also das sind so Frage, die ich mir ständig gestellt habe.“
Dass er oft Sex thematisiere, habe in erster Linie damit zu tun, dass er immer wieder Leute gefunden habe, die sich gerne zeigen. Das habe ihm bei seiner Arbeit sehr geholfen.
Der neutrale Blick als Ideal
Bei seinen Filmen achtet der Regisseur auf eine ruhige Kamera und verzichtet auf schnelle Schnitte. Er habe das Emotionalisieren immer verweigert, sagt Soldat. Sein Ideal sei es, einen neutralen Blick herzustellen, „dass der Zuschauer auch freiwillig gucken darf, wie er das findet, und nicht aufgedrückt kriegt: Findet er das jetzt geil oder findet er das jetzt krass.“ Er wolle, dass auf der Rezeptionsebene „gewählt werden darf, wie man sich diesen Film anguckt“, sagt Soldat. Die ruhige Kamera habe aber auch etwas Konzentriertes, sagt Soldat. „Ich finde, die hat was, wo man merkt, da wird etwas ernst genommen.“
Eine "wirklich schöne Anerkennung"
Es sei nicht seine Absicht, sie Zuschauer mit seinen Filmen zu verstören oder zu deprimieren. Die Menschen, die er gefilmt habe, seien für ihn ein Teil der Gesellschaft. „Vielleicht wollen die sich an einem Rand befinden. Vielleicht wären die an den Rand gedrückt.“ Er selbst habe das aber nie so wahrgenommen. Ich war immer erst mal neugierig: Hat da jemand Sex mit einem Hund? Lässt sich da jemand freiwillig foltern? Was mir jetzt erst mal Angst machen würde. Und da will jemand ein Baby sein. Ist es lustig? Kann ich das ernst nehmen? Das war sozusagen immer Neugier, Freude, Abwehr, da waren ganz viele Motivationen, warum es mich dahingezogen hat.“
Die Einladung nach Cannes sieht Jan Soldat als „wirklich schöne Anerkennung meiner Arbeit“. Er hoffe, dass der Film ein bisschen gezeigt werde. „Dann ist gut, dann kommt der nächste.“
(tmk)