Frauenheld und Alkoholiker
Der Agent mit der "Lizenz zum Töten" trinkt gerne und viel. Und wenn James Bond auf Frauen trifft, schläft er mit ihnen - oder er tötet sie. Ist 007 mit seiner Art noch zeitgemäß? Anlässlich des neuen James Bond Films "Spectre" fragen wir: Ist Bond ein charmanter Superheld oder ein Sexist?
James Bond ist im Grunde kein sympathischer Kerl, an Frauen interessiert ihn vor allem Sex und er trinkt definitiv zu viel – und das schon seit über 50 Jahren. Die Zeiten haben sich geändert, aber warum fasziniert Bond die Welt mehr denn je?
Als Judi Dench 1995 ihre Rolle als neue Geheimdienstchefin M im Film Goldeneye antrat, ließ sie Mr Bond, damals Pierce Brosnan, sehr deutlich wissen, wie sie über ihn dachte:
"Ich halte Sie für einen sexistischen, frauenfeindlichen Dinosaurier."
Vor ein paar Wochen legte dann der aktuelle Bond-Darsteller Daniel Craig selbst in einem Interview nach:
"Bond ist ein trauriger, einsamer, sexistischer Frauenfeind."
Dem kann ich nur zustimmen, lacht Mary Evans, Professorin für Geschlechterforschung an der London School of Economics:
"Er fühlt sich total unwohl wenn er auf sich allein gestellt ist. Er muss immer beschützt werden, durch eine Waffe, ein schnelles Auto oder irgendein technisches Spielzeug."
Gleichberechtigung? Nicht bei James Bond
Und wenn eine Frau in Bondfilmen auftaucht, dann ist ihr Schicksal meistens schnell besiegelt:
"Entweder er tötet sie oder landet mit ihr im Bett."
Dabei findet Evans gar nicht, dass Bond-Girls – auch früher – immer nur als Betthäschen dargestellt wurden:
"Ursula Andress, wie sie damals aus dem Wasser steig, war eine sehr resolute Persönlichkeit."
Filmkritiker Guy Lodge ist angesichts des neuen Bond-Films Spectre aber ziemlich ernüchtert. Seine Meinung: Die Gleichberechtigungsdebatte sei an den Bond-Produzenten vorbeigegangen:
"Frauen sind noch immer nur Beiwerk. Zum Beispiel Léa Seydoux. Die soll eine hochqualifizierte Ärztin sein, davon merkt man aber wenig. Sie ist trotzdem nur dazu da, um neben Bond toll auszusehen und hübsche Kleider zu tragen. Die Rolle hätte man komplexer anlegen können. Und Monica Belluccis Können wird in einer einzigen Szene einfach komplett verschwendet."
Auch Filmkritikerin Catherine Bray findet Belluccis Rolle unglücklich:
"Sie sitzt eigentlich nur in Unterwäsche auf der Bettkante und jammert: James, geh nicht."
Ein kaputter Typ mit Narben
Bei Bellucci wurde stets betont, dass sie schon 51 Jahre alt ist – und trotzdem ein Bondgirl spielen darf. Ein Grund für Applaus? Sicher nicht, meint Wissenschaftlerin Mary Evans:
"Wenn man Daniel Craig mit seinen 47 Jahren eine 18-Jährige an die Seite gestellt hätte, hätte das ja wie Kindesmissbrauch gewirkt."
Bonds Lebensstil, die vielen Drinks, die er kippt, die Schlägereien, der mutmaßlich ungeschützte Sex – in Wirklichkeit wäre der Mann ein ziemlich kaputter Typ und würde einfach fertig aussehen:
"Er hätte Narben – sein Erscheinungsbild ist pure Phantasie."
Dass ein weltweites Kinopublikum trotzdem so auf den Agenten ihrer Majestät abfährt, erklärt Mary Evans mit dem einfachen Wunsch nach Flucht aus dem eigenen Alltag:
"Jeder würde sich gerne manchmal wie Bond mit Gewalt aus bestimmten Situationen befreien."
Dabei kommt Bond ihr keinesfalls als Superheld vor, sondern wie ein Halbwüchsiger, der in seinem Zimmer auf seiner Playstation Leute abballert. Überflüssig zu sagen, dass sich Mary Evans der Charme der Bond-Filme persönlich nie erschlossen hat:
"Mich unterhält das nicht. Aber ich kann verstehen, warum andere Leute die Filme unterhaltend finden."