Israelisches Doppel

Von Camilla Hildebrandt · 05.07.2013
Die einen setzen auf den italienischen Disco-Pop der 50er- und 60er-Jahre, die anderen gelten als die "Kings of raw funk": die Bands Monti Fiori und The Apples aus Tel Aviv. Gerade waren Sie mit zwei Doppelkonzerten zu Gast in Berlin und Hamburg.
Er singt und bewegt sich wie ein Italiener, könnte mit seiner schmalen Figur, den kurzen, braunen Locken und dem Schnauzbart auch ohne Weiteres einer sein - und stammt trotzdem aus Tel Aviv. Itamar Fintzi - nur Fintzi genannt -, hat auch keine Familie in Italien, kurz: Das ganze Erscheinungsbild hat er selbst erschaffen.

"Wir haben uns einfach in die Kultur der 50er, 60er verliebt, das war sehr coole Popmusik. Ob ich tausende Adriano Celentano-Platten gehört habe? Natürlich, aber auch die Filmsoundtracks von Ennio Morricone, Henry Mancini und die ltalo-Disco-Beats der 80er. Wir haben die italienische Musik quasi studiert. Wenn es einen Studiengang dafür gäbe, ich könnte ihn unterrichten."

Gitarrist Assa Raviv und Sänger Fintzi, der Operngesang studiert hat, gründeten vor drei Jahren die Band Monti Fiori, die anderen Musiker kamen schnell dazu, denn Tel Aviv sei sehr klein, erklärt Fintzi. Da kenne man sich und wisse, wer welche Musik möge. Fast alle Stücke sind Eigenkompositionen, eine Mischung aus San Remo-Pop der 60er, Rock und eine kleine Prise einheimischer Beats.

"Es gibt einen israelischen Sänger, der uns natürlich beeinflusst hat, das ist Arik Einstein, er ist Israels Frank Sinatra, wie Celentano in den 50ern. Die Musik der Beatles, Chansons, alles zusammen - er ist unser Gott."

Lediglich die italienischen Texte über vor allem Liebe und Pizza stammen von einem italienischen Freund und Kollegen, von Paolo Groppi.

"Als wir mit Monti Fiori angefangen haben, sang ich gerade italienische Arien und zwar aus einem Buch unbekannter Komponisten von vor 500 Jahren. Ähnlich wie im Buch schrieb ich dann auch unsere Texte und zeigte sie Paolo. Er lachte nur und meinte, sie seien beinahe biblisch. Also bot er uns an, die Lyrics zu schreiben."

Die Botschaft von Monti Fiori lautet: Spaß haben, glückliche Gesichter im Zuschauerraum sehen. Das Berliner Publikum johlt!

"Schau dir mal die Beatles an: 'She loves you - yeah, yeah yeah', das waren auch ziemlich einfache Songs. Manche wollen das eben kompliziert ausdrücken, wir ganz einfach."

The Apples sind in Israel keine Newcomer mehr
Auch die zweite Band wird in Berlin mit Begeisterung begrüßt. "The Apples" gelten in Israel als die "Kings of raw funk". Newcomer sind sie dort längst nicht mehr. Fünf CDs haben sie bisher rausgebracht. Die Truppe der neun Musiker existiert seit 2002. Die meisten haben an der Jerusalemer "Rubin Academy of Music" studiert. Ihre Besonderheit: die instrumentale Zusammensetzung. Trompete, Posaune, Saxophon, Kontrabass, Schlagzeug, und ein DJ an den Plattenspielern.

"Diese Instrumentalisierung war die Basis für die Gruppe, bevor wir überhaupt rausfanden, was für eine Art Sound wir zusammen kreieren wollten. Inspiration dafür war vor allem der Kontrabassist Charles Mingus."

Die Band-Entstehung könne man mit der einer modernen Stadt vergleichen, sagt Schlagzeug-Spieler Yonadav Halevi, das Fundament sei traditionell, die Entwicklung gehe mit der Zeit. Das heißt, Funk, Soul, Jazz treffen ganz selbstverständlich auf Hip-Hop und elektronische Beats. Das Resultat bringt das Publikum zum Toben.

"Anfangs setzten wir uns zusammen und spielten einfach. Dasselbe haben wir dann auf der Bühne gemacht. Also wir komponieren Songs vor dem Publikum und entwickeln daraus ein immer größer werdendes Repertoire. Jetzt versuchen wir uns wieder innerhalb der Stücke so viel Freiraum wie möglich zu schaffen. Unsere Einflüsse kommen von überall her, aber vor allem sind es Sounds, die die Stadt selbst hervorbringt."
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