Islamkritiker Boualem Sansal in Berlin

"Der Islamismus ist ein globalisiertes System"

Der algerische Schriftsteller Boualem Sansal
Der algerische Schriftsteller Boualem Sansal hat am Vorabend der heutigen Eröffnung des Internationalen Literaturfestivals Berlin ein Gespräch mit Norbert Lammert geführt © picture alliance / dpa / Arne Dedert
Arno Orzessek im Gespräch mit Liane von Billerbeck · 07.09.2016
Der algerische Autor Boualem Sansal gilt als vehementer Islam-Kritiker. Doch im Gespräch mit Bundestagspräsident Norbert Lammert zeigte er sich "extrem zahm", berichtet Arno Orzessek.
Heute Abend beginnt das Internationale Literaturfestival Berlin. Gestern fand bereits eine erste Veranstaltung statt: Ein Gespräch zwischen dem algerischen Schriftsteller Boualem Sansal und Norbert Lammert, dem Präsidenten des Deutschen Bundestags.
Der als vehementer Islam-Kritiker geltende Sansal habe an diesem Abend allerdings auf Islam-Attacken fast völlig verzichtet, berichtet Arno Orzessek:
"Tatsächlich nahm das Gespräch sofort eine ziemlich abstrakte Wendung. Sansal und Lammert redeten ganz generell über die Funktionsweisen totalitärer Systeme. Dabei war zum Beispiel Hannah Arendt eine große Stichwortgeberin. Aber der Islamische Staat und dergleichen wurde mit keinem Wort erwähnt."

Sansals Buch "2084 - Das Ende der Welt"

Ist Sansals vieldiskutiertes Buch "2084 – Das Ende der Welt" eine Apokalypse der Weltherrschaft des Islamismus? Der Autor habe das gestern mehr oder weniger in Abrede gestellt, sagt Orzessek – obwohl sein Buch gerade wegen dieser Thematik so viel Aufmerksamkeit bekommen habe. In Frankreich gehörte es 2015 zu den meistdiskutierten Werken:
"Sansal verwies darauf, dass seine Abrechnung mit dem Islamismus in 'Allahs Narren' von 2013 zu finden sei. '2084' – das sei eher eine literarische Studie über vollendeten Totalitarismus. Und aus dem gibt es keine Ausweg."

Die Gefahren der Globalisierung

Sansal habe sich "extrem zahm gegeben", kommentiert Orzessek:
"Immerhin kam Sansal darauf zu sprechen, dass uns umstürzlerische Dinge passieren. Die wir klar erkennen, aber dennoch nicht ändern können. Und er führte die Globalisierung an: Ein System, das sich allem und jedem unterwirft, ohne dass man sich entziehen könne. Und hier gab Sansal dann doch zu verstehen: Genau so sei es mit Islamismus. Man müsse jedem Anfang wehren, womöglich sei es sonst zu spät."
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