Irak

    Westen sucht Strategie gegen Isis-Vormarsch

    17.06.2014
    Die USA haben angekündigt, neue Truppen in den Irak zu schicken, zudem nähert sich der Westen an den Iran als Krisenpartner an. Großbritannien will seine Botschaft in Teheran wieder öffnen.
    Die USA sorgen sich um einen Zerfall des irakischen Staates und die Stabilität der Region. Sie erwägen ein gemeinsames Handeln mit dem Iran. US-Präsident Barack Obama schickt deshalb 275 Soldaten in die Krisenregion. Die Truppen sollen beim Schutz von US-Bürgern und der US-Botschaft in der irakischen Hauptstadt helfen und seien falls notwendig "für Kampfeinsätze ausgerüstet", schrieb Obama. Eine militärische Zusammenarbeit mit dem Iran werde es aber nicht geben, berichtet Deutschlandradio-Korrespondent Marcus Pindur aus Washington.
    Für den Schriftsteller Navid Kermani ist eine Vermittlung zwischen USA und Iran nicht nur ein Schlüssel für den Irak-Konflikt, sondern für die ganze Region und Syrien. Alte Konfliktlinien im Nahen Osten hätten ein sunnitisch-schiitisches Gewand angenommen, sagte Kermani im Deutschlandradio Kultur.
    Angriff auf ein Gefängnis
    Die Islamisten der Terrorgruppe Isis versuchen mit aller Macht, zur Hauptstadt Bagdad vorzudringen. Inzwischen kämpfen Soldaten in großen Teilen des Landes gegen die Extremisten - auch wenige Dutzend Kilometer nördlich von Bagdad. Sicherheitskräfte in der Provinz Kirkuk verhinderten einen Angriff der Sunnitenmiliz auf einen Schiitenschrein. In der Provinz Dijala seien bei Gefechten mindestens 19 Extremisten getötet worden.
    Rund 60 Kilometer nördlich von Bagdad scheiterten die Dschihadisten mit einer Befreiung führender Gesinnungsgenossen aus dem Gefängnis. Bei dem Angriff nahe der Stadt Bakuba wurden laut einem Medienbericht mindestens 44 Häftlinge getötet. Die Kämpfer hatten die Haftanstalt unter anderem mit Panzerabwehrwaffen angegriffen.
    Großbritannien will Botschaft im Iran wiedereröffnen
    Die Annäherung des Westens an den Iran setzt sich weiter fort. Großbritannien will zweieinhalb Jahre nach ihrer Schließung die britische Botschaft in Teheran wieder eröffnen. Die Umstände dazu seien wieder günstig, berichtet Deutschlandradio-Korrespondent Jochen Spengler.
    Der Politologe Josef Braml sieht die EU stärker in der Pflicht, in Europa zukünftig mehr Verantwortung für die Sicherheit übernehmen zu müssen. Von den USA könne nicht mehr allzu viel erwartet werden, sagte der USA-Experte der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) im Deutschlandradio Kultur. Allerdings erwartet er nicht, dass die Deutschen sich in den Konflikt im Iran einmischen werden.
    "Echte Gefahr konfessioneller Gewalt"
    UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat vor der konfessionellen Spaltung des Irak und der Ausbreitung des Konflikts auf die Nachbarländer gewarnt. Er sei "zutiefst besorgt über die sich rasch verschlechternde Sicherheitslage im Irak", darunter die Berichte über "Massenhinrichtungen" durch die Extremistengruppe Islamischer Staat im Irak und in Großsyrien, sagte Ban. "Es gibt die echte Gefahr weiterer konfessioneller Gewalt in enormen Maßstab im Irak und jenseits seiner Grenzen."
    Der Bürgerkrieg in Syrien und die Kämpfe im Irak könnten nach Einschätzung von UN-Ermittler rasch auf die gesamte Region übergreifen. "Ein regionaler Krieg im Nahen Osten rückt immer näher", warnte der Leiter der unabhängigen Syrien-Untersuchungskommission, Paulo Sérgio Pinheiro, am Dienstag vor dem UN-Menschenrechtsrat in Genf.

    Programmhinweis: Weitere Informationen zur Lage im Irak erfahren Sie ab 17.05 Uhr in der Ortszeit.

    mel
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