Intimität in Podcasts

Individuelle Beziehungen, individueller Klang

38:14 Minuten
Auf dem Bild sieht man ein Smartphone-Bildschirm. Darauf ist eine Frau mit Kopfhörern und einem Mikrofon abgebildet. Um diesen Bildschirm versammeln sich Hörer*innen.
Ein Podcast erreicht meist viele Menschen auf ganz unterschiedliche Arten. Welche Verbindung entsteht, entscheidet jede Hörer*in selbst. © imago images/Fstop images/Malte Müller
Mit Heiko Behr · 05.02.2021
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Podcasts sind ein intimes Medium. Da ist sich der öffentliche Diskurs einig. Was dieses besondere Gefühl allerdings auslöst, scheint individuell vom Zuhörer abzuhängen. Das hat Alyn Euritt von der Universität Leipzig untersucht.
Normalerweise sind Therapiesitzungen nicht öffentlich. Was hinter verschlossenen Türen besprochen wird, bleibt meist unter den beteiligten Personen. Das macht den Audible Original Podcast "Where should we begin?" so außergewöhnlich und intim. Hier erzählen echte Menschen ihre Probleme der international anerkannten Paartherapeutin Esther Perel und die Zuhörer dürfen Mäuschen spielen.
Insgesamt nimmt die Therapeutin mit ihren Gästen rund vier Stunden auf. Aus diesem Rohmaterial werden zu verräterische Stellen zum Schutz der Protagonisten rausgeschnitten und die Aufnahmen werden auf den Kernkonflikt reduziert. Am Ende ist jede Folge so 45 Minuten lang. Die reichen aber völlig aus, um "Über Podcast"-Moderator Heiko Behr in ihren Bann zu ziehen: "Nach dem Hören war ich ein anderer. Das ist nicht nur eine Geschichte über andere Menschen, sondern der Podcast macht es mir leicht, das alles auch auf mich zu beziehen."

Mehr als eine Form

"Podcasting, community and the sound of closeness" heißt die Dissertation, die Alyn Euritt von der Universität Leipzig gerade fertiggestellt hat. Darin analysiert sie, was Intimität in Bezug auf Podcasts bedeutet. "Anstatt eine akademische Definition von Intimität zu nehmen, und sie auf Podcasts zu projizieren, habe ich geschaut, wie Menschen über Intimität in Podcasts sprechen, wie sie ästhetisch Intimität nutzen und auch in Rezensionen und so was geschaut."
Sie konnte zeigen: Was genau als intim im Podcast empfunden wird, ist sehr individuell und wird von den Zuhörern geprägt. "Mein Rat wäre, überleg dir: Wie willst du mit Menschen kommunizieren und wie willst du dich mit ihnen verbinden? Dann gestalte dein Sounddesign so, wie du dir die Verbindungen vorstellst. Es gibt nicht nur den einen Klang, der intim ist." Im Gespräch erklärt Alyn Euritt aber auch, wie die Kommunikation von Intimität Menschen ausschließen kann.

"Love and Radio": Erzähler im Mittelpunkt

Im öffentlichen Diskurs wird der Podcast "Love and Radio" von gerne als sehr intim beschrieben. In jeder Episode erzählt ein Mensch eine sehr persönliche Geschichte. Ein Beispiel ist "The Living Room". Hier berichtet die Regisseurin Diane Weipert über ein Paar, das sie aus ihrem Wohnzimmer heraus beobachten kann.
Während dieser Erzählungen tritt unter anderem Moderator Nick van der Kolk völlig in den Hintergrund. "Wir wollen bewusst, dass unsere Zuhörer sich nicht mit einem Host oder Reporter hinsetzt und auf einen Menschen schaut, sondern wir wollen, dass sie ganz in einem Protagonisten eintauchen können." Aber auch die Produktion dieses Podcasts schafft eine besondere Form von Intimität.
Redakteurin Carina Schroeder von "Über Podcast" stellt einen ihrer Lieblingspodcasts vor. Um die Produktionsweise dieses Podcasts noch besser verstehen zu können, empfiehlt sie außerdem die Folge "Fix" von "Love and Radio".

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