Internet-Konferenz re:publica

Nett sein im Netz

Stephan Porombka, Autor und Professor für Texttheorie und Textgestaltung an der Universität der Künste Berlin.
Stephan Porombka, Autor und Professor für Texttheorie und Textgestaltung an der Universität der Künste Berlin © picture alliance / dpa / Horst Galuschka
Stephan Porombka im Gespräch mit Max Oppel · 06.05.2015
Kleine Nettigkeiten auf Twitter: Damit hat es der Berliner Literaturprofessor Stephan Porombka zu einer stattlichen Fangemeinde gebracht. Auf der re:publica in Berlin will er nun das "Zeitalter der Goldigkeit" ausrufen – und auch andere für solche liebevollen, virtuellen Gesten begeistern.
Ausgehend von der der sogenannten Nudge-Theorie aus der Wirtschaft zeigt Porombka, dass sich das Verhalten im Internet eben nicht nur durch manipulative "Anstupser" beeinflussen lässt, sondern sich - ganz besonders beim Twittern - durch permanente, vollkommen uneigennützige Anstupser auszeichnet: Man zeigt sich gegenseitig etwas, weist auf Dinge hin, macht sich auf Interessantes aufmerksam und überreicht sich das Gefundene gegenseitig wie kleine Blumen.
Der Charme bestünde oft gerade darin, dass die Sachen - materiell gesehen - nichts wert seien. Es seien allein die Gesten, um die es geht. So ist Twittern nicht nur, aber eben auch, ein ständiges "Hab an dich gedacht" - so etwas wie das Gegenteil von Hate-Speech.
Den Trend zur Hate-Speech im Internet findet Porombka besorgniserregend: "Also wo man plötzlich merkt, dass so Wogen und Wallungen kommen von Aggressionen und die Leute geradezu wie entsichert da reagieren." Hate-Speech sei einer der Gründe, warum das Netz dabei sei zu kippen oder sogar bereits gekippt sei, warnt er. "Wenn ich jetzt über Goldigkeit spreche, ist das im Grunde genommen tatsächlich so was wie eine Erinnerung daran, dass in all dem, was wir im Netz machen, so ein utopischer Kern steckt, der das Gegenteil von Hate-Speech wäre: nämlich 'Gold-Speech'."
Ein typischer Porombka - mit Blumen:
Weitere Lieblingstweets von Stephan Poromba, der sich manchmal um seine Studierenden sorgt:
Nach der Re:publica im vergangenen Jahr schrieb Stephan Porombka ein melancholisches Gedicht:
Manchmal twittert er auch für die Wochenzeitung "Die Zeit" - und schläft vorher mit Adorno:
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