Internet

Jagd auf Blogger in China

Von Ruth Kirchner · 10.12.2013
Seit einem halben Jahr geht die chinesische Regierung mit neuer Härte gegen ihr unliebsame Informationen im Internet vor. Seit drei Monaten gibt es zudem harte Strafen für das Verbreiten von "Gerüchten" im Netz.
Das chinesische Internet ist immer noch ein riesiger, lauter Marktplatz. Über 500 Millionen Internetnutzer gibt es; viele sind vor allem in den sozialen Netzen unterwegs: bei Weibo etwa, dem chinesischen Pendant zu Twitter. Doch die bunte Welt ist blasser geworden. Denn seitdem die Behörden massiv gegen Autoren von Kurznachrichten vorgehen, geht die Angst um. Murong Xuecun und viele andere Blogger fragen sich, wen es wohl als nächstes trifft:
"Im Zuge dieses Crackdowns haben viele, auch viele meiner Freunde angefangen bewusst ihre Äußerungen zurückzunehmen, so wenig wie möglich öffentlich zu sagen und nur noch über harmlose Themen zu sprechen."
Der Schriftsteller Murong Xuecun ist ein scharfer Kritiker der Regierung. Murong ist sein Pseudonym. Er ist ein sogenannter "Big V", ein Blogger, dessen Internet-Identität die Behörden "verifiziert" haben. Seine Einträge werden von Millionen von Menschen gelesen, er hat über acht Millionen Fans und steht daher ganz besonders im Visier der Behörden. Denn die jüngste Kampagne richtet sich vor allem gegen Leute wie ihn: Meinungsmacher im Netz, die an der Kommunistischen Partei vorbei den öffentlichen Diskurs mitbestimmen.
"In den letzten vier Jahren hat sich in den Mikroblogs eine Gruppe von vielleicht 200 oder 300 Meinungsführern herausgebildet, die die Regierung kritisieren, die über Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Meinungsfreiheit reden. Um die Mikroblogs in den Propaganda-Apparat zu integrieren, mussten sie vor allem diese Leute unterdrücken und ihre Kritik stoppen."
Und das mit Erfolg. Murongs eigene Einträge werden neuerdings häufig gelöscht. Anderen bekannten politischen Kommentatoren wurden in den letzten Wochen die Mikroblog-Konten einfach geschlossen. Eine Verhaftungswelle hat prominente Opfer gefordert, darunter Xue Manzi, ein reicher Investor, der nicht einmal besonders radikal Kritik übte, aber mit zwölf Millionen Internetfans besonders einflussreich war. Seine Festnahme war eine deutliche Warnung an andere und seitdem ist in den Kurznachrichtendiensten deutlich weniger los. In einem seltenen öffentlichen Auftritt bezeichnete Ren Xianling, Vize-Chef der staatlichen Internetbehörde, die Kampagne der Behörden als vollen Erfolg:
"Seit September haben wir mit der Kampagne gegen Gerüchte im Internet gute Resultate erzielt und eine positive Resonanz. Es stimmt, die Aktivitäten bei Weibo sind zurückgegangen – da spiegelt sich unsere Kampagne wieder. Früher war das Netz undurchsichtig wie Sand und Schlamm, jetzt ist es viel heller und klarer, wegen unserer Kampagne."
Der Beamte wünscht sich ein Internet, das sozialistische Werte, Harmonie und Patriotismus propagiert. Man werde die gesetzlichen Regelungen daher noch "weiter stärken", sagte Ren. Was nach weiteren Kontrollen klingt. Murong Xuecun will sich dennoch nicht einschüchtern lassen. Wie viele seiner Freunde hat er Vorkehrungen getroffen, falls er verhaftet wird. Viele Blogger haben Statements bei Freunden im Ausland hinterlegt, ihre Publikationen auf Festplatten an sicheren Orten gelagert oder schon mit Anwälten gesprochen - für den Fall der Fälle.
"Wir haben alle ähnliche Vorbereitungen getroffen. Und wenn man das getan hat, hat man nicht mehr so viel Angst. Was mich angeht, wenn ich für meine offenen Worte ins Gefängnis muss, dann steckt mich doch ins Gefängnis.
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