International Music Awards in Berlin

Marketingtool mit feministischem Anspruch

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Die Schauspielerin und Tänzerin Nikeata Thompson bei der Verleihung der INTERNATIONAL MUSIC AWARDS in Berlin.
Die Tänzerin, Choreografin und Schauspielerin Nikeata Thompson bei den International Music Awards in Berlin. © picture alliance/AAPimages/Timm
Christoph Möller im Gespräch mit Sigrid Brinkmann · 22.11.2019
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Nach dem Aus für den Echo hat der Axel-Springer-Verlag einen neuen Preis für Popmusik begründet: Der International Music Award wurde erstmals in Berlin vergeben - mit genderneutralen Preis-Kategorien und vielen weiblichen Preisträgern.
In Berlin hat ein neuer Preis für Popmusik Premiere gefeiert: Am Freitag wurden zum ersten Mal die International Music Awards verliehen. Preisträger der ersten Ausgabe waren unter anderem die Deutsch-Rocker von Rammstein. Den "Hero"-Award für das Lebenswerk bekam Sting. Der Ex-Frontmann von "The Police" erhielt die Auszeichnung aus den Händen von Udo Lindenberg. Lindenberg selber bekam den "Courage"-Award.
Musikkritiker Christoph Möller fand den Beginn der Show "bombastisch". Man habe gemerkt, dass in dieser Show ziemlich viel Geld stecke. Auch Moderator Billy Porter sei am Anfang stark und witzig gewesen - dann aber schwächer geworden. Im Gegensatz zum eingestellten Pop-Preis "Echo" werden die Preisträger der International Music Awards nicht nach Verkaufszahlen ermittelt, sondern von einer Jury verliehen.
Hinter den International Music Awards steckt der Axel-Springer-Verlag mit seinen Popzeitschriften Roling Stone, Musikexpress und Metal Hammer. Kritiker Christoph Möller sieht den Grund für die Stiftung des Preises im digitalen Wandel. "Musikzeitschriften werden weniger gekauft - auch von Springer - und die fragen sich dann eben: 'Wie können wir uns wieder interessant machen?'. Und das ist dann eben ein Event, was sich auch auf sozialen Medien im Digitalen als Marke abbilden lässt." Entsprechend hatte Möller den Eindruck, dass der Preis vor allem ein Marketingtool ist. "Man gibt sich da so einen tendenziell feministischen Pop-Anspruch, der aber nicht so richtig aufgeht und nicht so richtig passt."

Aneinanderreihung von Kostüm und Deko

Der "feministische Anspruch" zeigte sich einerseits im Zuschnitt der Preis-Kategorien, die auf die herkömmliche Trennung nach Geschlechtern und Genres verzichtet. Und er zeigte sich andererseits in der großen Zahl weiblicher Performer und Preisträger: So gewann US-Sängerin Billie Eilish in der Kategorie "Beginner" und die Soulsängerin Lizzo wurde in der Kategorie "Style" geehrt. In der Kategorie "Future" gewann die in Berlin lebende Avantgardemusikerin Holly Herndon, deren Album mit Hilfe einer Künstlichen Intelligenz produziert wurde. Ihr Live-Auftritt bei der Award-Show war für Möller "ein aventgardistischer Schock in diesem Bombast."
Kritiker Christoph Möller fand diesen modernen Zuschnitt der Preise gelungen: "Das sind zeitgemäße Kategorien, unabhängig vom Genre - das hat mir ganz gut gefallen." Trotzdem fällt sein Fazit nach der Premiere der International Music Awards zwiespältig aus: "Natürlich ist so ein Preis ein Aneinanderreihen von Kostüm und Deko. Man steht und staunt, aber so richtig bleibt nichts in Erinnerung."
(mak)
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