Interkulturelles Sportfest für Schüler in Berlin

Die Nationalität ist völlig egal

06:20 Minuten
Kinder trainieren auf dem Sportfeld.
"Sportbunt": Beim Interkulturellen Sportfest trainieren Kinder verschiedener Nationen miteinander. © Landessportbund Berlin
Von Anja Nehls · 06.09.2019
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Zum vierten Mal haben sich Schulklassen zum Interkulturellen Sportfest des Landessportbundes Berlin getroffen. Mit dabei waren auch viele Willkommensklassen, in denen Flüchtlinge unterrichtet werden. Ein integratives Ereignis.
"Und das Ziel ist es, den Gegner auf den Rücken zu werfen. Entweder aus dem Stand oder am Boden, es geht am Boden natürlich weiter. Okay. Verbeugen, und los, ab, sehr gut …"
Auf der Judomatte kämpfen im weißen Judoanzug zwei zehnjährige Mädchen, eines aus Syrien und eines aus Deutschland. Beide haben riesigen Spaß, wer hier gewinnt oder verliert, ist nebensächlich. Auf dem interkulturellen Sportfest des Landessportbundes Berlin geht es vor allem um das Miteinander und das klappt beim Sport nun mal am besten, meint Organisatorin Sabrina Hampe. Schon zum vierten Mal findet das Fest statt. Das Motto lautet "Sportbunt" – mit einem t am Ende – für die bunte Vielfalt:
"Sport ist einfach die schönste Möglichkeit, Menschen unterschiedlicher Kultur zusammen zu bringen, weil man da keine Sprache braucht. In der Regel haben wir hier einfach die Möglichkeit mit wenig Kommunikation in Form von Sprache den Sport zu erklären und viel geht dann auch mit Händen und Füßen."

Syrien, Afghanistan, Irak, Bulgarien, Rumänien, Moldawien

22 Klassen aus zwölf Schulen sind heute dabei, ein paar davon sind Willkommensklassen für Kinder, die erst kurz in Deutschland sind und noch nicht genügend Deutsch sprechen, um in einer regulären Klasse zu lernen.
Michael Merbitz, Lehrer an der B.-Traven-Gemeinschaftsschule, hat heute gleich zwei Willkommensklassen mitgebracht, mit Jugendlichen zwischen 13 und 17 Jahren aus ganz unterschiedlichen Ländern:
"Syrien, Afghanistan, Irak, Bulgarien, Rumänien, Moldawien haben wir jetzt wieder. Ich bin total begeistert, die haben alle ihr Sportzeug mitgebracht heute, das ist heute das erste Mal, dass alle ihr Sportzeug mithaben, sonst gibt es immer welche, die es vergessen …"
An unterschiedlichen Stationen auf einem riesigen Sportplatz in Berlin Spandau können die Kinder die verschiedensten Sportarten ausprobieren. Von Slackline über Bogenschießen bis Einradfahren, von Bowling über Tanzen bis Kung Fu reicht das Angebot.
Die Sportvereine des Bezirks betreuen die Stationen und vielleicht wird am Ende sogar das eine oder andere neue Vereinsmitglied geworben. Der Übungsleiter beim Judoklub Kano Berlin versucht hier jedenfalls alles, um seine Sportart schmackhaft zu machen; die Nationalität sei dabei wirklich völlig egal.

Von Fußball bis Cricket

"Du hast alles, was du haben kannst, wir haben viele Russen, Araber, Deutsche, alles. Wirklich alles, alles. War schon immer so bei uns. Das hat nichts mit Kultur zu tun, gar nichts, oder mit anderen Nationen, gar nicht."
Eine Gruppe von Kindern steht auf einem Sportplatz, zusammen mit Gregor Kempert, Schul- und Sportamtsleiter Spandau.
Beim Interkulturellen Sportfest nehmen Kinder aus aller Welt teil, darunter auch Flüchtlinge.© Landessportbund Berlin
Die meisten Jungs interessieren sich allerdings für Fußball und das ist wohl in fast allen Ländern auf der Welt gleich, meint Sabrina Hampe vom Landessportbund. Dennoch gebe es Sportarten, die erst durch die Zuwanderer wieder mehr nachgefragt werden als bei uns bisher üblich:
"Also um ehrlich zu sein, bevor ich das Projekt geleitet habe, war Cricket für mich ein Sport, den ich so vorher noch nie kannte, auch Ringen ist eine Sportart, die bei mir jetzt nicht total im Vordergrund stand. Deswegen, klar, man kriegt auf alle Fälle auch mal ein paar Sportarten mit, die ganz besonders herauszustellen sind."

Offen für unbekannte Sportarten

Aber wer möchte, kann hier auch das Deutsche Sportabzeichen ablegen. Dazu gehört zum Beispiel Weitsprung und für die etwas Älteren ein 100-Meter-Lauf. In den Startblöcken auf der Laufbahn stehen vier Jungs, einer hell- und drei dunkelhäutig: "Auf die Plätze … fertig ..."
Die vier Jugendliche geben alles. Ob jemand schnell oder langsam, sportlich oder unsportlich ist, sei aber völlig unabhängig vom Herkunftsland, schmunzelt Dustin Hartje, der hier heute ehrenamtlich mithilft. Eine Besonderheit gebe es aber bei den meisten Zuwandererkindern doch:
"Sie sind sehr offen für den Sport, gerade wenn sie es nicht kennen, sind sie sehr lernwillig, sage ich mal. Sie saugen das auf und da muss man dann halt nur die Hälfte von dem sagen, was man vielleicht jemanden erklären muss, der hier schon sein ganzes Leben wohnt."

Sport schafft Integration

Die 16-jährige Walaa ist ein Beispiel dafür. Sie stammt aus Syrien und besucht jetzt die Willkommensklasse der Bertold Brecht Oberschule. Möglichst alles will sie heute mal ausprobieren: "Zum Beispiel Karate, Spiele und Boxen, Volleyball, und ja, Basketball auch, ja das ist auch schön. Und ein bisschen Spaß haben."
Walaa spricht schon recht gut Deutsch und wird sicherlich bald in eine reguläre Schulklasse wechseln. Ein anderes Mädchen ist erst seit drei Wochen hier, mit der Sprache hapert es noch, aber auch sie wirkt heute zwischen Hüpfburg und Tartanbahn ziemlich happy, sagt Britta Stahnke, die Lehrerin der Bertold Brecht Willkommensklasse: "Meiner Meinung nach ist Sport eine der besten Möglichkeiten, Integration zu schaffen, weil es die Gemeinschaft fördert, gerade Teamsport. Deshalb, wir sind jetzt durch acht Stationen durch mit unserer Klasse und die wollen gar nicht nach Hause gehen."

Helfen als Übersetzerin

Besonders wichtig für die Veranstalter ist, dass die geflüchteten Kinder auch mit den deutschen oder mit den schon lange hier lebenden Kindern in Kontakt kommen. Für Iva, deren Eltern aus Kroatien kommen, ist das aber ohnehin selbstverständlich. Sie ist zwölf Jahre alt und besucht die Grundschule am Eichenwald. Gerade hat sie einem Mädchen aus Afghanistan gezeigt, wie man Volleyball spielt:
"Also wir haben ja auch in der Schule Willkommenskinder, also die sind in unserer Klasse, aber wir verhalten uns zu denen nicht so asozial sozusagen, sondern eher so als wären sie schon lange in unserer Klasse. Ich bin sozusagen in der Schule auch so eine Übersetzerin, weil wir haben zwei serbische Kinder in der Schule und da helfe ich immer."
Und jetzt hat sie keine Zeit mehr, denn sie will Volleyball spielen. Vielleicht mit Walaa und ihren Klassenkameraden von der Bertold Brecht Schule.
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