Impfzwang und Solidarität

"Wer sich nicht impfen lässt, verhält sich unsolidarisch"

08:04 Minuten
"Geimpft Genesen!" steht in einem Schaukasten an einer Bar in der Dresdner Neustadt.
Manche Bars und Restaurants setzen auf die 2G-Regel: Einlass gibt es nur für Geimpfte oder Genesene. © dpa / picture alliance / Robert Michael
Stephan Gosepath im Gespräch mit Marietta Schwarz · 07.11.2021
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Nur rund 68 Prozent sind hierzulande gegen Corona geimpft. Der Philosoph Stefan Gosepath empfiehlt 2G, um den Druck auf Ungeimpfte zu erhöhen und einen erneuten Lockdown im Winter zu verhindern. Doch einen Impfzwang sieht er als Wortbruch.
Um weitere Erkrankungen mit Covid-19 zu verhindern, gelten nun wieder strengere Regeln in Sachsen. Die Corona-Schutzverordnung beinhaltet auch eine 2G-Regelung, die unter anderem die Gastronomie und Kultureinrichtungen betreffen.
Auch der Philosoph Stefan Gosepath favorisiert eine 2G-Regelung, bei der bestimmte gesellschaftliche Aktivitäten nur für Geimpfte oder Genesene möglich sind.

Impferkenntnisse werden ignoriert

Beängstigend sei, dass viele Ungeimpfte sich nicht aus Nachlässigkeit, sondern aus Überzeugung dem Impfen verweigerten. "Eine rationale Erklärung scheint ja nicht in Sicht zu sein. Es gibt andere Länder, die haben eine viel höhere Impfquote." Und dort gebe es sehr gute Erfahrung mit dem Impfstoff. "Deshalb ist nicht richtig einzusehen, woher sich die Angst begründen soll."
Im Frühjahr 2020 habe man eine hohe Welle der Solidarität zwischen den Menschen in Deutschland gesehen, sagt Gosepath. "Diejenigen, die sich nicht impfen lassen, sind im Moment nicht solidarisch." Und: Sie gefährden andere. Diese Gefährdung könne man nicht "einfach so" hinnehmen.

Druck auf Ungeimpfte erhöhen

"Wir wollen keine Spaltung der Gesellschaft. Aber wir brauchen eine gesellschaftliche Auseinandersetzung." Gosepath findet richtig, den Druck auf Ungeimpfte zu erhöhen, indem diese – etwa durch die 2G-Regelung – künftig von manchen lokalen Veranstaltungen ausgeschlossen würden.
Man müsse jetzt hart durchgreifen, damit es in diesem Winter nicht erneut zu einem Lockdown kommt. "Ich glaube, man kann jetzt nicht irgendwie sagen, die Freiheit besteht darin, allen Irrationalismen zu folgen, die man sich irgendwie aus dem Netz gesaugt hat."

Der Tonfall entscheidet

Die Regierung habe anfangs "ohne Not" versprochen, dass sie die Impfpflicht nicht einführt. Darum werde ein Impfzwang als schärfste Waffe gegen die Pandemie als Wortbruch gewertet. Im Ringen um ein Zusammenstehen zur Bewältigung der Pandemie müssten pragmatische Lösungsansätze verfolgt werden.
"Die Idee einer solchen Regelung ist,, nicht zu sagen, wir wollen euch ausschließen, sondern es ist eine Einladung an alle, den Impfstoff umsonst zu nehmen, von dem wir nach bester wissenschaftlicher Erkenntnis wissen, dass es ein guter Impfstoff ist und dass er keine großen Nebenwirkungen hat."
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