Ilma Rakusa: "Gedankenspiele über die Eleganz"

Plädoyer für eine ästhetische Lebenshaltung

06:02 Minuten
Abgebildet ist das Cover des Buches "Gedankenspiele über die Eleganz" von Ilma Rakusa.
© Droschl Verlag

Ilma Rakusa

Gedankenspiele über die EleganzDroschl, Graz 2021

48 Seiten

10,00 Euro

Von Manuela Reichart · 06.01.2022
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Um Mode geht es nur am Rande: Die Schweizer Autorin Ilma Rakusa denkt nach über Manieren, Umgangsformen und Respekt vor sich und vor anderen. Das kommt gerade recht in unseren Zeiten des Sichgehenlassens.
"Was ist Eleganz anderes, als das zu vergessen, was man trägt?", soll einst Yves Saint Laurent gesagt haben. Von einem anderen großen Modeschöpfer, von Giorgio Armani, stammt der Satz: "Eleganz heißt nicht, ins Auge zu fallen, sondern im Gedächtnis zu bleiben." Aber hat Eleganz überhaupt und vor allem mit Mode zu tun?
Coco Chanel hatte da ihre Zweifel: "Eleganz besteht nicht darin, ein neues Kleid anzuziehen." Das ist auch die Auffassung von Ilma Rakusa. Die Zürcher Schriftstellerin denkt über die Eleganz, dieses „veraltete Wort“ nach – in der lobenswerten kleinen Reihe des Grazer Droschl Verlags, in der „kluge Köpfe … über große Worte“ schreiben.

Respekt vor sich und anderen

„Wer spricht heute noch von Eleganz?“ Mit dieser Frage beginnt der Essay. Schließlich haben wir andere Sorgen: „Klimawandel, Migration und Covid-19 beschäftigen uns mehr, als uns lieb ist.“ Aber das Nachdenken über das Beharren auf Umgangsformen – davon ist die Autorin überzeugt – hilft immer und sowieso, wenn sich Menschen begegnen, wenn es in der Gesellschaft scheinbar unüberwindbare Haltungen und Probleme gibt.
Denn „Eleganz ist weit mehr als modisch-geschmackvolles Gekleidetsein. Sie meint ebenso Gewandtheit, Manieren, Respekt vor sich selbst und anderen.“ Nicht zuletzt deswegen ist dieser schmale Band auch das rechte Buch zur Zeit, unserer Härtezeit, in der die Auseinandersetzung zwischen Geimpften und Ungeimpften absurde Formen annimmt, in der das Sichzurückziehen in die eigenen vier Wände dazu verleitet, sich gehenzulassen.

Ohne Leichtigkeit keine Eleganz

Rakusa nimmt uns mit auf eine assoziative und erinnerungsträchtige Gedankenreise. Sie betont: „Eleganz hat nichts mit Luxus zu tun, wie oft irrtümlich angenommen wird.“ Wenn wir an den letzten US-Präsidenten mit seinem Hang zu Protz und Gold denken, wissen wir, was sie meint. „Je forcierter der Aufwand, desto größer die Kitschgefahr.“
Es geht um Stil, um Nuancen und um „Geschmeidigkeit, Grazie und Natürlichkeit“, wie die Autorin nicht zuletzt in Erinnerung an ihre Mutter hinzufügt. Diese Frau war eine elegante Erscheinung, eine glänzende Tänzerin, die ihrer Tochter einprägte, sich gerade zu halten und keine Riesenschritte zu machen, denn „ohne leichten Gang keine Eleganz“.

Elegante Stile und Schriftsteller

Die Autorin stellt aber nicht nur ihre Mutter ins Zentrum ihrer Überlegungen und Erinnerungen: Die Schauspielerin Audrey Hepburn ist für sie der Inbegriff einer eleganten Person, Gedichte von Goethe und Mörike werden zitiert, weil sie Eleganz und Tiefsinn verbinden, und der Hut des ungarischen Schriftstellers Imre Kertész war für sie stets das Sinnbild einer eleganten männlichen Erscheinung.
In sieben Kapiteln erzählt die selbst stets elegant gekleidete Ilma Rakusa leichtfüßig und klug, warum Formbewusstsein nicht der Authentizität geopfert werden darf. Es geht ihr etwa um Leichtigkeit und Einfachheit, Geschmack und Natürlichkeit.
Eleganz sei vor allem ein ästhetisches Verhältnis zur Welt; ohne das könne es keine Kultur, letztlich kein harmonisches Zusammenleben der Menschen geben. Ein Plädoyer, dem man allzu gern folgt: "Eleganz kann zum Ideal werden, umso mehr, als es keine einfachen Regeln gibt, wie sie zu erlangen ist. Eine Spur geheimnisumwittert bleibt sie immer."

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