Artenvielfalt
Laut der Weltnaturschutzunion IUCN sind die Bestände des westeuropäischen Igels in mehr als der Hälfte der Länder, in denen er lebt, zurückgegangen. © picture alliance / imageBROKER / Kevin Sawford
Mehr Schutzräume für Igel und Maulwurf gesucht

Igel gelten weltweit als potenziell bedrohte Tierart, auch in Deutschland sind ihre Bestände stark zurückgegangen. Zum Schutz heimischer Wildtiere wie Igeln und Maulwürfen rufen Umweltverbände zur Teilnahme an einer bundesweiten Zählung auf.
Sie sind stachelig, scheu und nachtaktiv: Igel gehören zu den Tieren, die man häufig im heimischen Garten antrifft. Umweltorganisationen zeigen sich aber besorgt, dass die Tiere künftig seltener zu sehen sein könnten. Denn die Weltnaturschutzunion IUCN hat den Westeuropäischen Igel im Oktober 2024 erstmals als "potenziell gefährdet" in die Rote Liste der bedrohten Tierarten aufgenommen.
Auch der Maulwurf ist eine geschützte Art, selbst wenn Maulwurfshügel auf der Gartenwiese für viele Menschen ein Ärgernis sind. In Deutschland fehlen bislang aber verlässliche Daten über die Bestände beider Tierarten. Um bessere Schutzmaßnahmen für Igel und Maulwürfe entwickeln zu können, rufen mehrere Umweltverbände, darunter der NABU und das Leibniz-Institut, zu einer bundesweiten Zählaktion auf. Im Zeitraum vom 16. bis zum 26. Mai können Bürgerinnen und Bürger, die eine der beiden Tierarten sichten, bei der Nabu melden.
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Igel und Maulwürfe zählen: Artenschutz daheim
In Deutschland liegen bislang keine systematischen Daten darüber vor, wie viele Igel und Maulwürfe es gibt, wo genau und in welchen Gebieten sie vorkommen, sagt Lea Karina Hinrich von der Deutschen Wildtierstiftung. Die Biologin ist an dem bundesweiten Monitoring „Deutschland sucht Igel und Maulwurf“ beteiligt, das nun zum dritten Mal stattfindet.
Ziel der Erhebungen sei es, über einen längeren Zeitraum zu erfassen, inwieweit die Igel- und Maulwurf-Bestände zurückgehen oder zunehmen, und diese Entwicklung mit wissenschaftlichen Erkenntnissen abzugleichen. Bei der letzten Zählung im September 2024 wurden rund 18.600 Igel und knapp 1600 Maulwürfe beziehungsweise Maulwurfshügel erfasst.
Artenvielfalt schützt auch den Menschen
Das Vorkommen von Igel und Maulwurf zu sichern, trägt dazu bei, ein starkes und vielfältiges Ökosystem zu erhalten. Laut Biodiversitätsforschern sichert der Erhalt der Artenvielfalt langfristig auch das Überleben des Menschen. Denn jede Art – ob Igel, Teichfrosch oder Kiebitz – erfüllt eine bestimmte Aufgabe im ökologischen Gefüge. Stirbt eine aus, hat das immer Auswirkungen auf andere Arten, auf das gesamte Ökosystem und letztlich auch auf die Menschen.
Beim Artenschutz sollten daher nicht nur Tiere in tropischen Regionen geschützt werden, sondern gerade auch heimische Wildtiere in Deutschland, darauf weisen Biologen hin.
Keine Angst vor Maulwurfshaufen
Sowohl Maulwurf als auch Igel sind Insektenfresser, und ihr Vorkommen deuten darauf hin, dass das ökologische Gleichgewicht intakt ist. Ein Maulwurfshaufen im Rasen mag für manche Gartenbesitzer vielleicht ein Dorn im Auge sein, doch für Lea Karina Hinrich von der Deutschen Wildtierstiftung ist er ein gutes Zeichen: Er sei ein Hinweis dafür, dass es dem Boden unter dem Rasen gut gehe und dass die Tiere dort Würmer, Engerlinge oder Käfer, und damit eine Nahrungsgrundlage, finden. Das deute auch auf eine gute Qualität des Bodens hin und darauf, dass dort Gemüse oder Pflanzen wachsen können, sagt Hinrich.
Auch Igel suchen Zuflucht in den Gärten von Hausbesitzern, weil sie dort Nahrung finden. Dabei hat sich ihr natürlicher Lebensraum stark gewandelt: Früher kamen Igel besonders häufig in Kulturlandschaften mit Streuobstwiesen und Hecken vor. „Die fehlen uns leider immer mehr, sodass der Igel heutzutage vor allem im Siedlungsbereich anzutreffen ist, besonders in naturnahen Gärten und Parkanlagen“, sagt Hinrich.
Eine im Jahr 2011 veröffentlichte Studie besagt, dass der Igel in Frankreich im urbanen Raum häufiger vorkam als in der Kulturlandschaft. Der Umweltverband NABU geht davon aus, dass sich daran seither nicht viel geändert hat und dass dies auch für Deutschland gilt.
Schutz und Nahrung im Garten
Gartenbesitzer können dafür sorgen, dass sich die Tiere bei ihnen wohler fühlen und Schutz finden. Der Maulwurf ist nach dem Bundesnaturschutzgesetz eine geschützte Art und darf nicht getötet werden. Daher sind Lebendfallen in der Regel unzulässig, da Maulwürfe sie meist nicht überleben. Ausnahmen gibt es von der Naturschutzbehörde in der Regel nur, wenn beispielsweise ein Deich durch die Gänge gefährdet ist.
Für Igel ist es wichtig, gute Versteckmöglichkeiten zu finden. Gerade in der Paarungszeit im Frühjahr sind die Tiere häufiger anzutreffen. „Das Weibchen muss sich darauf vorbereiten, den Nachwuchs großzuziehen und braucht da ein dichtes, unzugängliches Versteck irgendwo unter einem Strauch oder Gebüsch“, sagt Hinrich. Auch ein Holzstapel oder Schuppenstrukturen können dazu beitragen.
Einen englischen Rollrasen empfiehlt die Biologin dagegen nicht: Dort finden die Tiere keine Nahrung wie Käfer, Insekten oder Schmetterlingsraupen. Wer dem Igel helfen möchte, kann seinen Garten naturnah gestalten, empfiehlt die Deutsche Wildtierstiftung, etwa mit vielen Sträuchern, Totholz oder einem offenen Kompost, die Insekten und andere kleine Wirbellose anlocken. Außerdem sollten Gartenbesitzer auf Pestizide verzichten, Mähroboter nachts nicht fahren lassen und Barrieren wie engmaschige Zäune durch Igeltore passierbar machen, um Gärten miteinander zu verbinden.
Igelkarussell in der Paarungszeit
Wenn Tier- und Naturliebhaber Glück haben, können sie in der Paarungszeit möglicherweise das sogenannte Igelkarussell beobachten: eine Paarungszeremonie, bei der ein männlicher Igel sein Interesse an einem Weibchen bekundet, indem er in Kreisen um sie herumläuft. Damit versucht das Männchen, das Weibchen zu beeindrucken, für Beobachter sieht das aus wie ein Karussell.
Ist das Weibchen an dem Annäherungsversuch nicht interessiert, kann es vorkommen, dass es anfängt zu fauchen und zu schnauben, um das Männchen zu vertreiben, sagt Hinrich. Mitunter kommt es auch vor, dass mehrere Männchen im Kreis um die Gunst eines Weibchens kämpfen.
Das Igelkarussell kann im Frühjahr in der Dämmerung auf Grünflächen beobachtet werden.
tan