„Ich eröffne damit eine Diskussion“
Der südafrikanische Streifen „Tsotsi“ gewann in diesem Jahr überraschend den Oscar für den besten nicht englischsprachigen Film. Darin stiehlt ein schwarzer Krimineller ein Auto und entdeckt zu spät, dass im Fonds noch ein Baby sitzt. Ein Gespräch mit dem Regisseur Gavin Hood.
Mit „Tsotsi“ bezeichnet man in den Townships einen schwarzen Kriminellen. Und so geht es in dem gleichnamigen Film um einen jungen Verbrecher, der eine Frau niederschießt, um ihr Auto zu stehlen. Erst später bemerkt dieser „Tsotsi“, dass auf dem Rücksitz ein Baby sitzt. Aber allein lassen kann er den Säugling nicht. Hilflos legt er das Baby in eine Papiertüte und versucht, den Kleinen, so gut es geht, zu versorgen.
Regisseur Gavin Hood zeigt ein anderes Südafrika, in dem es nicht um den Konflikt zwischen Schwarzen und Weißen geht, sondern auch um ökonomische Unterschiede zwischen Schwarzen. Gavin Hood hat die Romanvorlage von Athol Fugard, die in den 60er Jahren spielt, ganz bewusst aktualisiert.
Gavin Hood: „Die Hintergrundgeschichte, warum der Junge Waise wird, ist eine andere im Film. Aber die Realität ist doch, wir haben immer noch Armut, Waisenkinder. Das ist einerseits ein Erbe der Apartheid, aber es gibt auch neue Ursachen. Da ist Aids und eine große Emigration aus dem Norden von Menschen, die vor dem Krieg und anderen Problemen fliehen. Sie sind auf der Suche nach einem besseren Leben und kommen nach Johannesburg. Es ist eine riesige Stadt mit viel wirtschaftlicher Kraft, die sehr viele Jobs anbietet, aber nicht genug. Viele kommen mit Träumen, die sich nicht realisieren lassen. Und diese Gettos in den Vorstädten, die existieren. Und so müssen junge Menschen versuchen, mit der Armut, die es immer noch gibt, klar zu kommen.“
Regisseur Gavin Hood wuchs als Weißer noch in den Zeiten der Apartheid auf und wurde erst politisiert, als er an die Universität ging. Dort protestierte er 1983 gegen die Diskriminierung schwarzer Studenten. Nach seinem Juraabschluss arbeitete er kurze Zeit als Schauspieler und ging dann in die USA, wo er Film studierte. Nach dem Ende des Studiums kehrte er in seine Heimat zurück und drehte Aufklärungsvideos über Aids für das Gesundheitsministerium.
1999 konnte er seinen ersten Spielfilm „A Reasonable Man“ realisieren. Zwei Jahre später drehte Gavin Hood in Südafrika einen Film auf Polnisch. Nach dem Roman von Nobelpreisträger Henry Sienkiewicz entstand unter seiner Regie das Remake von „Durch Wüste und Dschungel“.
Die erste Verfilmung von „Durch Wüste und Dschungel“ aus dem Jahr 1973 um ein Geschwisterpaar, das in der Wüste entführt wird und sich selbst befreien muss, war der erfolgreichste Film aller Zeiten in Polen. Das durchaus unterhaltsame Remake von Gavin Hood setzte auf imposante Schauwerte und lockte 1,8 Millionen Zuschauer in die Kinos. Der Film wurde in Polen 2001 einer der größten Hits, wurde jedoch kaum exportiert.
Gavin Hood hatte für diese polnische Superproduktion immerhin 4,2 Millionen Dollar zur Verfügung und bewies, dass er auch kommerziell erfolgreich sein kann. Wenn man dem Südafrikaner im Interview begegnet, fällt auch sofort auf, dass er sich gut verkaufen kann, druckreif redet und auch mit „Tsotsi“ eine Visitenkarte ablieferte, die ihn für Höheres in Hollywood bestimmt.
„Mit einem Film wie „Tsotsi“ konnte ich zwei Dinge tun, einmal nach Hause kommen und Bilder aus einer Stadt zeigen, die man nicht oft im Kino sieht, wie Johannesburg. Ich hatte außerdem die Möglichkeit, die südafrikanische Musikszene international bekannter zu machen, weil man diese Musik außerhalb des Landes kaum hört. Es gab also diese sehr dynamischen, visuellen wie musikalischen Aspekte und großartige junge Darsteller. Aber die zentrale Geschichte von ‚Tsotsi‘ ist zeitlos und universell. Es ist eine Story über das Erwachsenwerden. Ich will damit den Film nicht kleiner machen, als er ist, aber es geht um einen jungen Mann, der auch aus Moskau aus einer schlechteren Gegend kommen könnte oder aus Mexiko oder Shanghai. So lokal ist die Geschichte in „Tsotsi“ nicht. Sie hat eine universelle Dimension.“
Auch wenn man Gavin Hood seine amerikanischen Jahre in seiner Art, über das Kino zu reden, anmerkt, hat „Tsotsi“ nicht den polierten Hollywood-Touch. So widerstand der Regisseur der Versuchung, mit amerikanischen Stars auf Englisch zu drehen, die nicht glaubwürdig gewesen wären. „Tsotsi“ ist außerdem keine amerikanisierte Version von „Schuld und Sühne“, auch wenn sich der Junge im Laufe der Geschichte langsam wandelt. Gavin Hood will es dann auch dem Zuschauer überlassen, wie der die Hauptfigur bewertet.
Gavin Hood: „Kann man ihm verzeihen? Und das ist die Frage, die einen aus dem Gleichgewicht bringt. Was ich an dem Film so mag, ist die Frage, was soll man als Zuschauer nun denken? Und ich habe da keine Antwort. Einige sagen, okay, ich kann mit ihm mitfühlen, aber er muss dennoch für 30 Jahre in den Knast. Andere würden ihn am liebsten mit nach Hause nehmen und ihm Tee und Kekse anbieten. Die Antwort ist wahrscheinlich irgendwo in der Mitte. Aber hier ist das Problem. Und ich eröffne damit eine Diskussion.“
Regisseur Gavin Hood zeigt ein anderes Südafrika, in dem es nicht um den Konflikt zwischen Schwarzen und Weißen geht, sondern auch um ökonomische Unterschiede zwischen Schwarzen. Gavin Hood hat die Romanvorlage von Athol Fugard, die in den 60er Jahren spielt, ganz bewusst aktualisiert.
Gavin Hood: „Die Hintergrundgeschichte, warum der Junge Waise wird, ist eine andere im Film. Aber die Realität ist doch, wir haben immer noch Armut, Waisenkinder. Das ist einerseits ein Erbe der Apartheid, aber es gibt auch neue Ursachen. Da ist Aids und eine große Emigration aus dem Norden von Menschen, die vor dem Krieg und anderen Problemen fliehen. Sie sind auf der Suche nach einem besseren Leben und kommen nach Johannesburg. Es ist eine riesige Stadt mit viel wirtschaftlicher Kraft, die sehr viele Jobs anbietet, aber nicht genug. Viele kommen mit Träumen, die sich nicht realisieren lassen. Und diese Gettos in den Vorstädten, die existieren. Und so müssen junge Menschen versuchen, mit der Armut, die es immer noch gibt, klar zu kommen.“
Regisseur Gavin Hood wuchs als Weißer noch in den Zeiten der Apartheid auf und wurde erst politisiert, als er an die Universität ging. Dort protestierte er 1983 gegen die Diskriminierung schwarzer Studenten. Nach seinem Juraabschluss arbeitete er kurze Zeit als Schauspieler und ging dann in die USA, wo er Film studierte. Nach dem Ende des Studiums kehrte er in seine Heimat zurück und drehte Aufklärungsvideos über Aids für das Gesundheitsministerium.
1999 konnte er seinen ersten Spielfilm „A Reasonable Man“ realisieren. Zwei Jahre später drehte Gavin Hood in Südafrika einen Film auf Polnisch. Nach dem Roman von Nobelpreisträger Henry Sienkiewicz entstand unter seiner Regie das Remake von „Durch Wüste und Dschungel“.
Die erste Verfilmung von „Durch Wüste und Dschungel“ aus dem Jahr 1973 um ein Geschwisterpaar, das in der Wüste entführt wird und sich selbst befreien muss, war der erfolgreichste Film aller Zeiten in Polen. Das durchaus unterhaltsame Remake von Gavin Hood setzte auf imposante Schauwerte und lockte 1,8 Millionen Zuschauer in die Kinos. Der Film wurde in Polen 2001 einer der größten Hits, wurde jedoch kaum exportiert.
Gavin Hood hatte für diese polnische Superproduktion immerhin 4,2 Millionen Dollar zur Verfügung und bewies, dass er auch kommerziell erfolgreich sein kann. Wenn man dem Südafrikaner im Interview begegnet, fällt auch sofort auf, dass er sich gut verkaufen kann, druckreif redet und auch mit „Tsotsi“ eine Visitenkarte ablieferte, die ihn für Höheres in Hollywood bestimmt.
„Mit einem Film wie „Tsotsi“ konnte ich zwei Dinge tun, einmal nach Hause kommen und Bilder aus einer Stadt zeigen, die man nicht oft im Kino sieht, wie Johannesburg. Ich hatte außerdem die Möglichkeit, die südafrikanische Musikszene international bekannter zu machen, weil man diese Musik außerhalb des Landes kaum hört. Es gab also diese sehr dynamischen, visuellen wie musikalischen Aspekte und großartige junge Darsteller. Aber die zentrale Geschichte von ‚Tsotsi‘ ist zeitlos und universell. Es ist eine Story über das Erwachsenwerden. Ich will damit den Film nicht kleiner machen, als er ist, aber es geht um einen jungen Mann, der auch aus Moskau aus einer schlechteren Gegend kommen könnte oder aus Mexiko oder Shanghai. So lokal ist die Geschichte in „Tsotsi“ nicht. Sie hat eine universelle Dimension.“
Auch wenn man Gavin Hood seine amerikanischen Jahre in seiner Art, über das Kino zu reden, anmerkt, hat „Tsotsi“ nicht den polierten Hollywood-Touch. So widerstand der Regisseur der Versuchung, mit amerikanischen Stars auf Englisch zu drehen, die nicht glaubwürdig gewesen wären. „Tsotsi“ ist außerdem keine amerikanisierte Version von „Schuld und Sühne“, auch wenn sich der Junge im Laufe der Geschichte langsam wandelt. Gavin Hood will es dann auch dem Zuschauer überlassen, wie der die Hauptfigur bewertet.
Gavin Hood: „Kann man ihm verzeihen? Und das ist die Frage, die einen aus dem Gleichgewicht bringt. Was ich an dem Film so mag, ist die Frage, was soll man als Zuschauer nun denken? Und ich habe da keine Antwort. Einige sagen, okay, ich kann mit ihm mitfühlen, aber er muss dennoch für 30 Jahre in den Knast. Andere würden ihn am liebsten mit nach Hause nehmen und ihm Tee und Kekse anbieten. Die Antwort ist wahrscheinlich irgendwo in der Mitte. Aber hier ist das Problem. Und ich eröffne damit eine Diskussion.“

Szene aus dem Film „Tsotsi“© AP/Ster-Kinekor Films