Humboldt-Universität gründet Islam-Institut

Seyran Ateş: "Dieses Institut ist eine Totgeburt"

Die Rechtsanwältin Seyran Ates freut sich am 12.05.2017 in Berlin in der Kirche St. Johannes nach der Unterzeichnung eines Mietvertrages mit der Rushd-Goethe Moschee
Seyran Ates: "Sie wollen nicht die Unruhe, die wir als Reformmuslime in die muslimische Gemeinschaft bringen." © picture-alliance / dpa / Soeren Stache
29.06.2018
Die Anwältin Seyran Ates übt heftige Kritik an dem neuen Islam-Institut an der Humboldt-Universität in Berlin, das heute beschlossen worden ist. Es werde von konservativen Kräften dominiert, sagt Ates - und kündigt die Gründung eines eigenen Instituts an.
Heute wurde beschlossen, dass an der Humboldt-Universität ein Institut für Islamische Theologie entstehen wird. Dort sollen ab dem Wintersemester 2019/20 muslimische Geistliche und Religionslehrer ausgebildet werden. Im Beirat sitzen die Islamische Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden Deutschlands (IGS), der Zentralrat der Muslime in Deutschland und die Islamische Föderation. Die DITIB (Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion) als einer der größten Moscheeverbände ist nicht dabei ist.

Pluralität des Islam sieht anders aus

Die Menschenrechtsanwältin und Gründerin der Berliner Ibn-Ruschd-Goethe-Moschee Seyran Ateş sieht die Pluralität des Islams in Deutschland an diesem Institut nicht abgebildet. Sie hat sich deswegen mit ihrer Gemeinde in einem offenen Brief an die Universität gewandt:
"Als liberale Reformmuslime haben wir einen offenen Brief an die Humboldt-Universität und an die Politik geschrieben. Wir kritisieren, dass an dem Tisch nicht nur nur Verbände sitzen, die konservativ und fundamentalistisch ausgerichtet sind, sondern mit den Schiiten auch ein Verband da sitzt, der jährlich auch den Al-Quds-Tag mitfeiert und damit auch Antisemitismus direkt und indirekt unterstützt und die anderen Verbände verbandelt sind mit Organisationen, die vom Verfassungsschutz überwacht werden wie die Milli Görus."

Nicht im Interesse Humboldts

Sie kritisiert die konservativen Positionen dieser Verbände zum Beispiel bei den Themen Gleichberechtigung der Geschlechter, Religionsfreiheit und dem Recht auf sexuelle Selbstbestimmung. Sie bedaure das auch im Sinne der Offenheit der Wissenschaft, betont Ateş. Dies sei sicher nicht im Interesse Humboldts gewesen.
Seyran Ateş: "Die Humboldt-Universität will keine Unruhe. Wenn die liberalen Muslime wie Bund der liberalen Muslime oder auch die Ahmadiyya Gemeinde, Gülen-Leute und wir an den Tisch kommen würden, würden wir mit den Verbänden diskutieren und wir würden der deutschen Öffentlichkeit zeigen: Ihr könnt den Islam nicht institutionalisieren wie die Kirchen es sind. Wir haben keine Ordination. Und dann müssten sie sehen, dass der Islam viel pluraler aufgestellt ist. Dieses Institut ist eine Totgeburt. Wir werden unser eigenes Institut gründen. "
Wie die von ihr gegründete Ibn-Ruschd-Goethe-Moschee will Ates auch ein Islam Institut in Berlin ins Leben rufen und hofft auf bundesweite Unterstützung.
(cosa)
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