Hübscher Aufwand, wenig Witz
Damit das antike Athen auf genügend Krieger zählen konnte, sollte jeder Mann zwei Frauen heiraten. So auch der Philosoph Sokrates, der mit seinen beiden Gattinnen ständig im Streit lag. Georg Philipp Telemann hat ein Lustspiel daraus gemacht, das als "bahnbrechend" für die komische Oper gilt.
Den Kern des Musikalischen Lustspiels aus dem Jahr 1721 benennt Sokrates selbst: "Ein Mann, der sich zwei Frauen angetraut, hat seinen Kerker selbst gebaut". Um die historisch umstrittene Frage, ob Sokrates tatsächlich mit zwei Frauen verheiratet war, hat Librettist König auch zwei andere Spielarten der "Doppel-Liebe-Ehe" gebaut: da lieben zwei hinreißende Schöne einen Prinzen, der beide nicht liebt, während ein anderer Goldjunge diese beiden Schönen anbetet, aber nicht wiedergeliebt wird – und all das nur, um das antike Athen mit mehr Soldaten-Nachwuchs zu versorgen. Im Zentrum aber steht, dass Sokrates neben Streitfurie Xanthippe auch noch eine kratzbürstige Amitta zu besänftigen hat.
Da seine Schüler reichlich unbelehrbar sind, empfiehlt er allen Männern im Publikum mehrfach "geduldig" zu sein. Um all das herum hat Georg Philip Telemann 36 Da-capo-Arien und rund 20 vielfältige Ensembles komponiert, einen Gutteil der Arien in italienischer Sprache, einige und vor allem die handlungstragenden Rezitative aber in Deutsch – damit der Witz verstanden wird. Das gelang: Nach dem Uraufführungserfolg wurde Telemann Kantor und Musikdirektor in Hamburg.
In München kommt das Werk nun runde 15 Jahre zu spät: es bleibt musikalisch und dramaturgisch hinter den überragenden Monteverdi-Cavalli-Händel-Aufführungen der "Intendanz Peter Jonas" zurück. Zwar hat das Produktionsteam schon deutlich gekürzt, doch die verblieben dreidreiviertel Stunden wirkten "drei zu lang": Telemanns Opernpartitur besitzt bei weitem nicht die musikdramatische Spannweite eines Händel, und der Witz des Librettos bleibt schlicht.
Zusätzlich hat sich unser Zeitgefühl geändert, vor allem aber: der Inszenierung von Barock-Kenner Axel Köhler fehlte es an Pfiff, Keckheit, entlarvendem Humor und durchweg an Tempo. Frank Schlößmanns Drehbühnenbild beschwor zunächst reizvoll, woraus der "Himmel" eines Philosophen besteht: aus Bücherwänden, in die die schönen, blauen Magritte-Rundhorizontteile mit ihren Wölkchen einfach übergehen. Doch auch der üppige halbbarocke Kostümzauber von Katharina Weissenborn belebte den langatmigen Abend nicht genug – so hinreißend die Dekolletees der bildschönen Damen auch wogten und so grandios die Herren auch stelzten.
Die Entdeckung des Abends war: der mittelgroße Raum des Gärtnerplatztheaters bietet die ideale Klanggröße für ein "barockes" Instrumentalensemble. Jörn Hinnerk Andresen, sonst Chordirektor und Kapellmeister des Hauses, stellte sich als Barock-Kenner und höchst engagierter Beflügler vor. Das hochgefahrene, um Originalklang-Instrumentengäste verstärkte, insgesamt aber verkleinerte Gärtnerplatzorchester klang mehrfach glänzend, vor allem in einem Zwischenspiel mit der Solo-Barockflöte, ebenso in der fulminanten Adonis-Festmusik. Das mit bildschön aussehenden und gut klingenden Gästen angereicherte Solistenensemble um den etwas zu behäbigen Sokrates von Stefan Sevenich und die herrlich furiose Xanthippe von Heike Susanne Daum sang mal bemüht, mal beschwingt. Aber die wirklich erfrischend bissigen Kommentare zu Mann und Frau und Liebe lieferte der Zitatenschatz im Programmheft. Telemanns "Geduldiger Sokrates" kann als philologische, nicht aber als musikdramatische Bereicherung abgehakt werden.
Da seine Schüler reichlich unbelehrbar sind, empfiehlt er allen Männern im Publikum mehrfach "geduldig" zu sein. Um all das herum hat Georg Philip Telemann 36 Da-capo-Arien und rund 20 vielfältige Ensembles komponiert, einen Gutteil der Arien in italienischer Sprache, einige und vor allem die handlungstragenden Rezitative aber in Deutsch – damit der Witz verstanden wird. Das gelang: Nach dem Uraufführungserfolg wurde Telemann Kantor und Musikdirektor in Hamburg.
In München kommt das Werk nun runde 15 Jahre zu spät: es bleibt musikalisch und dramaturgisch hinter den überragenden Monteverdi-Cavalli-Händel-Aufführungen der "Intendanz Peter Jonas" zurück. Zwar hat das Produktionsteam schon deutlich gekürzt, doch die verblieben dreidreiviertel Stunden wirkten "drei zu lang": Telemanns Opernpartitur besitzt bei weitem nicht die musikdramatische Spannweite eines Händel, und der Witz des Librettos bleibt schlicht.
Zusätzlich hat sich unser Zeitgefühl geändert, vor allem aber: der Inszenierung von Barock-Kenner Axel Köhler fehlte es an Pfiff, Keckheit, entlarvendem Humor und durchweg an Tempo. Frank Schlößmanns Drehbühnenbild beschwor zunächst reizvoll, woraus der "Himmel" eines Philosophen besteht: aus Bücherwänden, in die die schönen, blauen Magritte-Rundhorizontteile mit ihren Wölkchen einfach übergehen. Doch auch der üppige halbbarocke Kostümzauber von Katharina Weissenborn belebte den langatmigen Abend nicht genug – so hinreißend die Dekolletees der bildschönen Damen auch wogten und so grandios die Herren auch stelzten.
Die Entdeckung des Abends war: der mittelgroße Raum des Gärtnerplatztheaters bietet die ideale Klanggröße für ein "barockes" Instrumentalensemble. Jörn Hinnerk Andresen, sonst Chordirektor und Kapellmeister des Hauses, stellte sich als Barock-Kenner und höchst engagierter Beflügler vor. Das hochgefahrene, um Originalklang-Instrumentengäste verstärkte, insgesamt aber verkleinerte Gärtnerplatzorchester klang mehrfach glänzend, vor allem in einem Zwischenspiel mit der Solo-Barockflöte, ebenso in der fulminanten Adonis-Festmusik. Das mit bildschön aussehenden und gut klingenden Gästen angereicherte Solistenensemble um den etwas zu behäbigen Sokrates von Stefan Sevenich und die herrlich furiose Xanthippe von Heike Susanne Daum sang mal bemüht, mal beschwingt. Aber die wirklich erfrischend bissigen Kommentare zu Mann und Frau und Liebe lieferte der Zitatenschatz im Programmheft. Telemanns "Geduldiger Sokrates" kann als philologische, nicht aber als musikdramatische Bereicherung abgehakt werden.