Energiekrise

Achtung, Holzklau!

06:27 Minuten
Brennholzstapel
Brennholz ist zurzeit knapp und teuer. © picture alliance / Panama Pictures / Dwi Anoraganingrum
Von Natalie Putsche · 11.10.2022
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In manchen Wäldern Deutschlands häufen sich die Diebstahlsmeldungen: Kein Wunder, denn aufgrund der steigenden Energiekosten wird Brennholz zu einer begehrten Ware. Auch Profi-Diebe sind unterwegs.
Andreas Padberg zeigt auf eine typische Waldstraße. Die sei in eine mit Sand geschlämmte Schotterdecke gebaut, erklärt er. „Das heißt, hier herrscht eine entsprechende Tragfähigkeit, auch bei ungünstiger Witterung Holz abfahren zu können.“
Padberg ist Forstdirektor des Sachsenforst-Bezirks Leipzig. „Wir sind im Wermsdorfer Wald, einem großen Waldgebiet südlich von Leipzig“, sagt er. „Hier und heute findet unser Arbeitsschutztag mit unseren Forstwirten und Lehrlingen statt.“
Einige Meter entfernt zeigt er auf einen Polter, „was vielleicht ein Brennholzselbstwerber sich hier hingelegt hätte, um den Anhänger zu holen und es abends nach Hause zu fahren“. Polter sind fertige Stapel aus Holzstämmen, die man überall in Wäldern sehen kann und später abgeholt werden. Zum Beispiel von Brennholzhändlern, „die das Holz frei Waldstraße von uns kaufen, aufbereiten und dann an die Endverbraucher verkaufen“, erklärt Padberg.

Nachfrage nach Motorsägenkursen steigen

„Die zweite Kategorie sind die Brennholzselbstwerber, die zu uns kommen mit Berechtigungsschein, Motorsägen-Erlaubnis und so weiter, um ihr Brennholz im Wald selbst aufzubereiten.“ Dafür ist allerdings die Teilnahme an einem sogenannten Selbstwerber-Kurs nötig. Dort kann man seinen Motorsägenführerschein machen.

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Im Sachsenforst sind die Neuanmeldungen für solche Kurse in diesem Jahr um 50 Prozent gestiegen. In anderen Bundesländern ist es ähnlich. Das Holz direkt im Wald aufzubereiten, ist wesentlich günstiger, als es derzeit auf dem Markt zu kaufen.
Wer sein Holz selbst schlage, der wisse, wie viel Schweiß er investiert habe, sagt Padberg. „Dieses Holz liegt nie lange im Wald. Wenn das aufbereitet ist, ist das meistens am selben Tag schon abgefahren, sodass sich die Chance des Diebstahls auf ein Minimum reduziert.“ Den Diebstahl, den er und seine Kolleginnen und Kollegen registrieren, sei auch „nicht so der Kleinkriminelle, der in den Wald fährt und sich mal zwei, drei Stück holt, sondern dann sind es meistens organisierte Unternehmen, die dann tatsächlich 60, 70 Festmeter am Stück mit dem LKW abholen“.

Klau von Brennholz mehrt sich

Sachsen scheint bisher aber verhältnismäßig wenig betroffen von kleineren Holzdiebstahl-Delikten. In anderen Bundesländern wie zum Beispiel Hessen, Thüringen, NRW oder Brandenburg werden die Meldungen häufiger, weiß Jürgen Gaulke vom Deutschen Waldeigentümer Verband (AGDW). Auch, wenn sich das nicht genau in Zahlen messen lässt, wenn kleinere Mengen Holz verschwinden.
Die Lage habe sich deutlich verändert. „Es war schon immer so: Je teurer Energie war beziehungsweise Brennholz, desto mehr gingen die Leute auch in den Wald und haben sich Holz gesucht. Das ist also kein neues Phänomen für uns.“ Was allerdings neu sei: „Dass sich diese Einzelfälle häufen“ und „Profi-Diebe vermehrt unterwegs sind. Wir wissen nicht, ob das tatsächlich schon eine Holzmafia ist oder ob einzelne Brennstoffhändler ihren Bestand klammheimlich aufstocken. Das können wir noch nicht sagen, weil die bisher in der Regel noch nicht erwischt werden.“

Holzdiebstahl ist kein Kavaliersdelikt

Was bleibt, ist aber der Schaden, der schnell bei mehreren Tausend Euro liegen kann. Da die Profis mit LKW und schwerem Gerät kommen, würde es für Außenstehende so wirken, als wäre das Unternehmen offiziell vom Eigentümer oder Förster beauftragt.
„Da ist man weniger misstrauisch, als wenn einzelne Passanten auf einmal mit Körben voller Holz vorbeifahren“, sagt Jürgen Gaulke. „Die meisten Einzelfälle, die uns berichtet wurden, sind bisher in Brandenburg, was vermutlich am Einzugsgebiet Berlin liegt.“ Holzdiebstahl sei kein Kavaliersdelikt, betont er, sondern werde von den Gerichten hart bestraft. „Schon kleine Holzdiebstähle landen bei 20 bis 60 Tagessätzen. Das sind dann bei einem Tagessatz von 50 Euro schon 1000 bis 1500 Euro Geldstrafe. Auch herumliegendes Holz darf man nicht einfach mitnehmen. Das ist Eigentum des Waldeigentümers und ein klarer Fall von Diebstahl.“

Der Wald hat viele Augen

Auch wenn, laut AGDW, trotz verdoppelter Holzpreise und leer gefegter Lager bisher noch keine Massenwanderung in den Wald stattgefunden hat. Vielleicht, weil sich herumspricht, dass der Wald wohl viele Augen hat. „Ich kann jedem Dieb nur raten, sich abgeschreckt zu fühlen, denn die Waldeigentümer sind aufmerksam, und die Profi-Diebe werden damit abgeschreckt, dass die Baumstämme mit GPS-Sendern versehen werden“, so Gaulke. „Wir haben einen Fall von einem Waldbesitzer aus Brandenburg, der mittlerweile schon dreimal von Profi-Dieben heimgesucht wurde. Der hat sich natürlich umfänglich mit Trackern ausgestattet.“
Die kleinen GPS Empfänger, die in den Holzstücken verbaut werden, kosten ab 100 Euro aufwärts. Dazu kommen noch die monatlichen Gebühren für eine Sim-Karte. Andreas Padberg und die anderen Förster im Sachsenforst würden bis jetzt noch nicht auf Tracker setzen. Einige ihrer großen Kunden, Brennstoffhändler, hingegen schon.
Alternativ helfen manchmal auch Wildkameras bei der Aufklärung von Diebstahl oder auch, wenn im Wald illegal Müll entladen wird. Denn die Kameras mit vernünftiger Bildgebung seien inzwischen für deutlich weniger als 100 Euro zu erwerben, sagt Padberg, „und die liefern mir halt Informationen. Die sind im Zweifel nicht gerichtlich verwertbar, aber ich kann mir als Eigentümer ein Bild machen, und weiß vielleicht, wen ich daraufhin ansprechen kann.“
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