Hollywood

Hitchcocks rebellische Lady

 Joan Fontaine in einer Szene des Films "Serenade" aus dem Jahr 1956.
Die Rebellin im roten Kostüm: Joan Fontaine in einer Szene des Films "Serenade" aus dem Jahr 1956. © picture-alliance / dpa
Moderation: Britta Bürger · 16.12.2013
Wer Joan Fontaine nochmals in ihren bekanntesten Rollen erleben will, sollte im DVD-Regal in die Abteilung von Alfred Hitchcock greifen. Sie spielte unter anderem die "Rebecca". Am Sonntag starb sie im Alter von 96 Jahren.
Britta Bürger: Die Schauspielerin Joan Fontaine ist Cineasten als diese schöne Leidende in Hitchcocks "Rebecca" in Erinnerung. Im Studio ist unser Filmkritiker Peter Claus, konnte Joan Fontaine denn mehr als schön sein und schön leiden?
Peter Claus: Und ob: sie konnte grandios, wie neben ihr nur Deborah Kerr, die kühle Lady geben, in der es brodelte, den Vulkan, der sich als Eisblume verkleidete, die Scheue vom Lande, die hinter der Maske der Unschuld eine teuflische Lebensgier verbarg, damit hat sie den einzigen "Oscar" erspielt, den je eine Schauspielerin oder ein Schauspieler für eine Rolle in einem Hitchcock-Film errang, 1942 für die Gestaltung der jungen Frau, die sich einbildet, dass ihr Mann, Cary Grant, sie umbringen will, in "Verdacht".
Und Hitchcock hat ihr ein wunderbares Kompliment gemacht in späteren Jahren. Er hat gesagt: 'Sie war eine der ganz wenigen Schauspielerinnen und Schauspielern, denen ich je begegnet bin, die sich total kontrollieren konnten, die total wussten, was sie machten." Sie war eine sehr kluge Frau.
Bürger: Welche Filme mit Joan Fontaine sind nach wie vor sehenswert?
Claus: Da ist natürlich immer wieder "Rebecca", ein ganz wundervarer Psychothriller. Da ist aber auch die sehr sensible Stephan-Zweig-Verfilmung "Brief einer Unbekannten" von Max Ophüls. Da ist sie wieder die Leidende, aber nicht mehr die in sich gekehrte Frau, nicht die nur noch Melancholische, sondern auch eine Frau, die kämpft. Ein Film, den sie mit Mitte Zwanzig auch selbst mitproduziert hat.
Und später dann 1962 die Verfilmung eines Romans, der gerade wieder verfilmt wird. "Tender is the night", "Zärtlich ist die Nacht" von Scott-Fitzgerald.Da spielte sie eine Frau, die Auf-Teufel-komm-raus den äußeren Schein wahren will, obwohl sie allen Dreck und alle Schmach in ihrer Familie kennt. Eine großartige Charakterstudie.
Skandal wegen Film-Affäre mit Harry Belafonte
Bürger: Joan Fontaine hat auch filmpolitisch in Hollywood ein starke Rolle gespielt, wie hat sie das Studio-System aufgemischt?
Claus: Indem sie schon früh gesagt hat: 'Ich will mitbestimmen, ich habe genug Geld.' Sie war ja Diplomatentochter und verfügte über große Summen. 'Ich will als Produzentin mitarbeiten. Ich lasse mir die Rollen nicht aufdrücken und gehe keinen X Jahre dauernden Vertrag mehr mit einem großen Studio ein. Ich lasse mich auch nicht mehr auf das Dummchen, die ewig Naive, festlegen. Ich möchte Charaktere gestalten.' Und dann 1957, für uns kaum vorstellbar, hat sie - ein ganz mutiger Schritt - als weiße Frau eine Frau gespielt, die ein Verhältnis mit einem schwarzen Mann hat.
Harry Belafonte war ihr Partner in "Island in the Sun". Das hat einen Riesen-Skandal in den USA gegeben. Der Ku-Klux-Klan ist auf die Barrikaden gegangen. Der Film wurde aus den Kinos genommen. Sie wurde wüst beschimpft und sie ist standhaft geblieben und ist mit Harry Belafonte getourt. Sie hat gesagt: 'Habt Ihr alle eine Macke? Wir sind Menschen, wir sind gleichberechtigt. Was soll dieser Unsinn? Damit muss endlich schluss sein!' Das war dann allerdings auch das Signifikante, warum sie immer weniger Rollen bekam. Sie wurde ins Abseits geschoben. Sie war zu rebellisch.
Bürger: In den letzten Jahrzehnten las man über Joan Fontaine eigentlich nur noch im Zusammenhang mit ihrer älteren Schwester Olivia de Havilland, mit der sie sich in einem Dauerstreit befunden haben soll. Olivia de Havilland war in den 30er-Jahren durch Piratenfilme bekannt geworden und durch eine Nebenrolle in "Vom Winde verweht". Was ist da dran, klingt ein bißchen nach Zickenkrieg?
Claus: Das war zunächst auch spielerisch von den Schwestern. Das war 1947, als Olivia einen "Oscar" bekam. Joan Fontaine stand auf, um der Schwester zu gratulieren, die aber ignorierte die Geste. Und dann tauchte das immer wieder auf. Angeblich haben sie 1975 beim Tod ihrer Mutter zum letzten Mal miteinander gesprochen.
Und 1978 hat Joan Fontaine etwas augenzwinkernd in einem Interview gesagt: "Ich habe zuerst geheiratet, habe den "Oscar" vor Olivia gewonnen und, wenn ich vor ihr sterben sollte, wird sie zweifellos wütend sein, weil ich wieder schneller war." So ist es gekommen. Olivia de Havilland ist jetzt 97 Jahre alt und lebt quietschvergnügt in Paris.
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