Hochwasserschutz

Entsiegeln, begrünen, Katastrophenschutz üben

08:00 Minuten
Mitarbeiter der Stadt Dresden bauen an einer Straße eine mobile Hochwasserschutzanlage zur Probe auf.
Test einer mobilen Hochwasserschutzanlage in Dresden: Die Stadt sei ein Vorreiter bei Maßnahmen zur Klimaanpassung, sagt Peter Jakubowski. © picture alliance / dpa-Zentralbild / Tino Plunert
Peter Jakubowski im Gespräch mit Nicole Dittmer · 26.08.2021
Audio herunterladen
Durch den Klimawandel werden Hochwasser wahrscheinlicher. Peter Jakubowski vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung betont: Die Planungen für Schutzmaßnahmen müssten sofort und möglichst flächendeckend in die Wege geleitet werden.
Zerstörte Dörfer, verzweifelte Menschen. Häuser, Brücken, Autos, ganze Existenzen – einfach weggespült vom Wasser. Die Bilder aus dem Ahrtal bleiben und auch die Frage: Wie weitermachen? Wie passen wir uns an den Klimawandel an? Darüber beraten das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung, das Technische Hilfswerk und der Deutsche Wetterdienst schon seit zehn Jahren.

Wann Niederschlag gefährlich wird

Um herauszufinden, wann Niederschlag besonders viel Schaden anrichtet, wurden die Daten der Wetterradare der vergangenen 20 Jahre zusammen mit meteorologischen und geografischen Daten und den Einsatzdaten der Feuerwehr interpretiert. Das Ergebnis: Entscheidend sind nicht allein Stärke, Dauer und Ausdehnung des Niederschlags, sagt Tobias Fuchs vom Deutschen Wetterdienst:
"Der Versiegelungsgrad der vom Niederschlag betroffenen Fläche, die Bevölkerungsdichte und die Tatsache, ob ein Gebiet auf einer Kuppe oder in einer Senke liegt, tragen maßgeblich zu den Auswirkungen in Form von Hochwasser bei."
Weil warme Luft mehr Wasserdampf aufnehmen kann als kältere, steigt mit jedem Grad Celius der Temperaturzunahme die Aufnahmekapazität der Luft um sieben Prozent. So steigt auch die Wahrscheinlichkeit von Starkregen, der in Vorhersagen schwer zu lokalisieren ist und besonders häufig zu Hochwasserkatastrophen führt.

Bewusstsein für die Risiken

Der erste Schritt sei nun, diese Risiken ernstzunehmen und das Wissen darüber in die Köpfe der Entscheidungsträger und der Bevölkerung zu bekommen, sagt Peter Jakubowski, Leiter der Abteilung Raum- und Stadtentwicklung des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung.
Bei Neuansiedlungen werde man sich von Flüssen und Bächen ein Stück weit zurückziehen müssen. "Dort, wo wir schon gebaut haben, müssen wir wirklich massiv schauen, dass wir Flächen entsiegeln, dass wir Möglichkeiten schaffen, mehr Grün in die Orte, in die Städte zu bekommen", so Jakubowski. "Denn es ist wichtig, dass jeder Kubikmeter Wasser eine Chance hat irgendwo zu versickern, bevor er zu einem reißenden, gefährlichen Wasserstrom wird."
Die Planungen zur Klimaanpassung müssten "sofort" und "möglichst flächendeckend" in die Wege geleitet werden, da die Umsetzung Zeit brauche. "Es kann eben nicht prognostiziert werden, wo räumlich solche Ereignisse auftreten." Neben baulichen Maßnahmen wie Deichen und Ausweitungen der Kanalisation müsse auch die Bevölkerung mit Katastrophenübungen auf zukünftige Extremwetterereignisse vorbereitet werden.

Vorbilder der Klimaanpassung

Einige Städte würden bei der Klimaanpassung bereits voranschreiten, sagt Jakubowski. Dazu zählten das in der Senke der Saale gelegene Jena, die dicht besiedelte Region um Esslingen sowie die Großregion Dresden: Die Stadt sei unter dem Eindruck der schlimmen Erfahrungen mit den Elbhochwassern seit 2014 sehr intensiv dabei, Maßnahmen zum Regenwasserrückhalt zu ergreifen, Rückbaumaßnahmen einzuleiten und den Schutz von Großwohnsiedlungen umzusetzen.
Mehr zum Thema