Hermann Beil über Rolf Hochhuth

"Er konnte leidenschaftlich dagegen sein"

08:34 Minuten
Porträt des Dramatikers Rolf Hochhuth.
Ein Moralist, der lachen konnte: der Dramaturg Rolf Hochhuth © picture alliance / dpa / Hendrik Schmidt
Hermann Beil im Gespräch mit Marietta Schwarz · 14.05.2020
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Hochmoralisch und ein streitbarer Geist: So kannte der Dramaturg und Regisseur Hermann Beil den verstorbenen Rolf Hochhuth, mit dem er oft zusammengearbeitet hat. Aber man habe mit der "Nervensäge" Hochhuth auch wunderbar lachen können.
Als "streitbare Figur" beschreibt der österreichische Dramaturg und Regisseur Hermann Beil den verstorbenen Dramatiker Rolf Hochhuth, den er als Kollegen und Freund über lange Jahre kannte. Bei der Inszenierung von Hochhuths Stück "Der Stellvertreter" am Wiener Burgtheater 1988 seien die beiden aneinandergeraten, wie das Stück zu kürzen sei, erzählt Beil: "Wir hatten eine gewisse Kontroverse über die Fassung."

Zur Premiere kam er nicht

Aber Hochhuth habe sich auch korrigieren können, so Beil: "Er konnte leidenschaftlich dagegen sein, aber dann doch einsichtig." So auch damals in Wien: "Er kam zwar nicht zur Premiere, aber hat sich die Vorstellung später angesehen und war hellauf begeistert von der Fassung."
Beil charakterisiert Hochhuth als Moralisten, mit dem man wunderbar streiten konnte: "Und auch wieder lachen. Da war er manchmal wie ein Kindskopf. Und konnte von der einen Sekunde zur anderen wieder freundlich sein."
Die große Stärke des Dramatikers sei es gewesen, Stücke zu schreiben, die den Finger in die Wunde legten, ob "Sommer 14" oder "Der Stellvertreter": "Er hat immer wahnwitzig richtige Themen aufgegriffen", so Beil. Und auch wenn manche Kritiker Hochhuth vorwerfen, seine Figuren seien flach, habe er doch spannende Rollen geschrieben, so in der Komödie "Die Hebamme": "Da hat er eine tolle Frauenfigur gefunden."

Ein guter Grund, zu nerven

Manchmal habe sich Hochhuth verrannt, berichtet Beil. Wie bei der gerichtlichen Auseinandersetzung über die Nutzung des Berliner Ensembles: Vor Gericht habe Hochhuth immer verloren. Aber: "Er wollte nicht einsehen, dass er unrecht hat", so der Dramaturg.
Es sei der moralische Drang gewesen, der Hochhuth zum Schreiben geführt habe, meint Beil. Und dadurch sei der Dramatiker manchen auf die Nerven gegangen: "Er war manchmal eine Nervensäge – nicht immer, aber manchmal auch aus gutem Grund."
(beb)
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