Hemingway als Hörspiel

Von Großwildjägern und verliebten Soldaten

Der amerikanische Schriftsteller Ernest Hemingway sitzt an einem Tisch und schreibt in einen Block in Kenia im September 1952.
Der US-Schriftsteller Ernest Hemingway auf Safari in Kenia im Jahr 1952. © Getty Images / Earl Theisen Collection
Von Georg Gruber · 04.03.2020
Die große Hörspiel-Edition versammelt acht Werke von Ernest Hemingway wie "Der alte Mann und das Meer". Die meisten Stücke wurden in den 50er-Jahren produziert und haben Patina angelegt. Das macht auch ihren besonderen Charme aus.
Ernest Hemingway gehört zu den wichtigsten Autoren des 20. Jahrhunderts. Für seine Novelle "Der alte Mann und das Meer" bekam er 1954 sogar den Literaturnobelpreis. Der Roman, der bereits 1952 erschienen ist, ist auch in der Hörspiel-Edition zu hören. Das Buch war der letzte große Erfolg Ernest Hemingways. Diese Hörspielinszenierung aus dem Jahr 1953 verlässt sich ganz auf die Kraft des Wortes. Sie ist mehr eine szenische Lesung – ohne Wellengeplätscher oder Segelgeflatter. Dank der starken Stimmen funktioniert sie aber auch so.

Achtteilige CD-Box

Auch "In einem anderen Land" ist in der Hörspiel-Box enthalten. Wie auch in vielen anderen seiner Bücher verarbeitet er darin seine persönlichen Erlebnisse. 1918 hatte sich Hemingway nämlich als 18-Jähriger freiwillig zum Sanitätskorps des amerikanischen Roten Kreuzes gemeldet und landete an der Front in Norditalien. Er wurde verwundet und verliebte sich.
Über die deutlichen autobiografischen Spuren, die die Hörspiele enthalten, kann man auch viel in dem lobenswert ausführlichen Booklet lernen, das der achtteiligen CD-Box beiliegt. Hemingway war beispielsweise als Großwildjäger in Afrika unterwegs, besuchte Stierkämpfe in Afrika und schrieb als Kriegsreporter über den Bürgerkrieg.

Zeitreise in die 50er

Die Hörspiele sind akustische Dokumente aus einer fernen Zeit. Einer Zeit, in der noch nicht in jedem Wohnzimmer ein Fernseher stand und das Radio noch das Medium war fürs Kopfkino, für Reisen in die weite Welt. Und so klingen diese Hörspiele auch wie bunte 50er-Jahre-Abenteuerfilme.
"In Haben und Nichthaben" treten zum Beispiel Machos auf, die viel trinken und Frauen meist von oben herab behandeln. Heute würde man dieses Verhalten wahrscheinlich toxische Maskulinität nennen. Männer müssen stark sein, auch wenn sie gebrochene Figuren sind. Dieses Rollenbild wird kaum in Frage gestellt. Eine Ausnahme ist da vielleicht "Schnee auf dem Kilimandscharo", ein nachdenkliches Hörstück, das einen auch heute noch berühren kann.
Natürlich haben die Hörspiele Patina angelegt, was aber auch wieder ihren besonderen Charme ausmacht. Nach heutigen Maßstäben wirkt zwar vieles relativ konventionell inszeniert, dafür aber mit großartigen Stimmen. Die Hörspielbox, die eine Gesamtlänge von fast neun Stunden hat, funktioniert ähnlich wie eine gute Fernsehserie: Man ist traurig, wenn die letzte Folge oder eben das letzte Hörspiel zu Ende ist.

Hemingway - Die große Hörspiel-Edition
Aus dem Englischen von Annemarie Horschitz-Horst und Paul Baudisch
Der Audio Verlag
29,99 Euro

*Redaktioneller Hinweis: Wir haben fehlende Angaben zum Hörbuch ergänzt.
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