Heinz Rudolf Kunze

Mit tausend Begleit-Stimmen durch die Coronakrise

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Der Musiker Heinz Rudolf Kunze.
Der Musiker Heinz Rudolf Kunze ist von den Deutschen überrascht, weil sie Empathie aufbringen und sich in Rücksicht üben. © picture-alliance/dpa/Jörg Carstensen
Heinz Rudolf Kunze im Gespräch mit Julius Stucke  · 29.04.2020
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Der Sänger Heinz Rudolf Kunze ist von der gegenwärtigen Empathie und dem diszipliniert rücksichtsvollen Verhalten der Deutschen positiv überrascht. Sein neues Lied hat er unter außergewöhnlichen Umständen aufgenommen.
Es klingt, als hätte der Musiker Heinz-Rudolf Kunze einst hellseherische Fähigkeiten gehabt, als er 1984 seinen Song "Halten Sie Abstand" herausbrachte. Doch der Liedermacher widerspricht: "Es ist aus dem Jahr 1984, aus einem anderen Jahrhundert, einem anderen Jahrtausend, aus einer anderen Welt vor der Wende."
Die Titelzeile von damals passe jetzt in der Coronakrise vielleicht gut in die Zeit, doch es sei ihm damals um etwas ganz anders gegangen: "Es ging eher um eine satirische Kommentierung der sozialen Kälte in der New Wave Zeit, wo sich alle das Gesicht weiß schminkten, eckige Bewegungen machten und dem anderen nicht zu nahe kommen wollten."
Ein Schild an einem Geschäft weist auf die Einhaltung eines Mindestabstandes hin. 
Die Einhaltung eines Mindestabstandes gehört mittlerweile zum Alltag in der Coronakrise. . © picture-alliance/dpa/Jens Kalaene
Anders als damals erlebe er heute keine soziale Kälte, sagt Kunze - im Gegenteil. Abstand halten zeige momentan Empathie mit und Respekt vor den Schwachen, betont der Sänger. "Das ist kein Zeichen von Abwehr, sondern Nachdenken, Besonnenheit und von einer anderen Art von Nähe."
"Ich bin erstaunt über so viel Vernunft und so viel Empathie, die hier im Lande doch zu spüren ist bei einer großen Mehrheit von Leuten, die sich an die sehr unangenehmen, sehr lästigen Verabredungen halten, damit eben die Schwachen geschützt werden und das Gesundheitssystem nicht zusammenbricht." So viel Disziplin habe er den Deutschen gar nicht mehr zugetraut, so Kunze.

Debatten gehören zur Demokratie dazu

Dass darüber auch kontrovers diskutiert werde, sei ganz normal und völlig in Ordnung, sagt Kunze. "Das gehört zu einer Demokratie, das gehört zu einem funktionierenden Staatswesen dazu." Die letzten Wochen hätten gezeigt, das in Deutschland im internationalen Vergleich einiges richtig gemacht worden sei.
Seine Frau und er lebten nun auch seit etwa sieben Wochen isoliert und gingen nur noch zum Einkaufen aus dem Haus. "Ich bin vor drei Wochen mal wieder Opa geworden, habe meine kleine Enkelin noch nicht in den Arm nehmen dürfen", so der Musiker. "Das ist natürlich alles nicht schön." Aber man sei doch auf einem guten Wege, alles unter Kontrolle zu bringen.

Begleitchor von tausend Stimmen

Besorgt ist der Musiker derzeit vor allem, wenn er an die freischaffenden Rock-, Pop- und Jazzmusiker denkt - denn diese könnten von den staatlichen Hilfen möglicherweise nicht genügend profitieren. Auch Kunze musste seine geplante Tournee verschieben. Seine neue Single "Zusammen" entstand derweil unter kuriosen Umständen. Er habe den Text geschrieben, Dieter Falk und sein Sohn hätten dazu die Musik komponiert, berichtet er: "Wir haben das aufgenommen, ich in einem kleinen Studio in Hannover, er mit seinen Leuten in Düsseldorf, und dann haben tausend Menschen mitgesungen."
Die tausend Mitsängerinnen und -sänger nahmen ihre Gesangsspur jeweils alleine im stillen Kämmerlein auf und schickten sie dann zum Düsseldorfer Studio, wo die Files in "schlaflosen Nächten" zusammen gemischt wurden. "Ich glaube, mehr Gemeinsamkeit ist im Moment nicht möglich", sagt Kunze über seinen imposanten Begleitchor.
(gem)
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