Heimliche Helfer an der innerdeutschen Grenze

Von Winfried Sträter · 07.06.2007
Die Flucht ihrer Bürger in den Westen war ein existenzielles Problem für die DDR. Die Massenflucht von 1989/90 machte ihr den Garaus. Immer wieder hatte die Regierung zuvor gefordert, dass Fluchthilfe auch in der Bundesrepublik juristisch verfolgt werden müsse. Die Gedenkstätte Deutscher Widerstand ehrt nun einen Fluchthelfer.
Flucht war ein existenzielles Problem der DDR. Millionen Bürger flohen bis 1961, viele Tausend nach dem Mauerbau - und am Ende war es die Massenflucht, die der DDR 1989/90 den Garaus bereitete. Statistisch gesehen spielte die organisierte Fluchthilfe dabei nur eine geringfügige Rolle. Auf dem Höhepunkt 1973 registrierte die Stasi knapp tausend so genannte "Ausschleusungen". Ansonsten 200 – 300 pro Jahr, Tendenz fallend. Die Überwachung der Transitstrecken wurde immer schärfer, die Zahl der Verhaftungen stieg, sodass Ende der 70er Jahre zwei Drittel der Fluchthilfe-Unternehmen mit Verhaftung endeten. Ab Mitte der 80er Jahre spielte die organisierte Fluchthilfe praktisch gar keine Rolle mehr. Wer die DDR verlassen wollte, stellte einen Ausreiseantrag.

Dennoch war die Fluchthilfe in den Zeiten der deutschen Teilung ein großes Thema. Und das vor allem durch die DDR-Propaganda. Fluchthelfer wurden als Menschenhändler und Agenten gebrandmarkt, die Fluchthilfeorganisationen als "Agentenzentralen". Grund für diese Propaganda war nicht so sehr, dass sich die DDR durch die Fluchthelfer bedroht fühlte. Wichtiger war, dass die DDR mit ihrer Propaganda gegen kommerzielle und kriminelle Fluchthilfeorganisationen die Bundesrepublik in Bedrängnis bringen wollte. Immer und immer wieder forderte die DDR, dass Fluchthilfe auch in der Bundesrepublik juristisch verfolgt werden müsse. Tatsächlich sahen die westdeutschen Behörden spätestens seit den 70er Jahren Fluchthilfe als Problem und versuchten, im Rahmen rechtsstaatlicher Möglichkeiten dagegen vorzugehen.

Dabei waren die Fluchthelfer zumindest in den ersten Jahren überwiegend idealistisch gesonnene junge Leute, viele von ihnen Studenten. Nach dem Mauerbau bauten sie Tunnel und verhalfen mit großem persönlichen Einsatz vielen DDR-Bürgern zur Flucht. Doch die Fluchthilfe wurde bald schwieriger und vor allem – teurer. So mussten nach wenigen Jahren Gelder für die Fluchthilfe gezahlt werden, und an die Stelle der idealistischen traten zunehmend die kommerziellen Fluchthelfer.

Das Gespräch zum Thema "Die Fluchthelfer - Menschenhändler oder Widerstandskämpfer? Die Gedenkstätte Deutscher Widerstand ehrt den Fluchthelfer Bodo Köhler" mit Prof. Peter Steinbach, wissenschaftlicher Leiter der Gedenkstätte Deutscher Widerstand, können Sie für begrenzte Zeit in unserem Audio-on-Demand-Player hören.
Mehr zum Thema