Sind bezahlbare Mieten für alle möglich?
Mietwohnungen und Eigentumswohnungen sind vor allem in Großstädten selbst für Normalverdiener zunehmend unerschwinglich. Es wird zu viel spekuliert und es werden zu wenige günstige Wohnungen gebaut. Wie lässt sich die Situation verbessern? Ein Streitgespräch.
Der Preis-Boom bei Wohnungen hat inzwischen auch kleinere Städte erreicht. In Großstädten sind sowohl Mietwohnungen als auch Eigentumswohnungen selbst für Normalverdiener zunehmend unerschwinglich. So stiegen die Mieten beispielsweise in Berlin zwischen 2004 und 2017 um 73 Prozent; die Kaufpreise gar um sagenhafte 140 Prozent.
Es wird zu viel spekuliert und zu wenig gebaut – jedenfalls nicht ausreichend erschwingliche Wohnungen. Aber es geht bei den Anforderungen an eine kluge, sozialverträgliche und nachhaltige Stadtplanung nicht nur um Quantität, sondern auch um Qualität. Der ehemalige Bundesbauminister Klaus Töpfer sagte es einmal so: "Geringe Distanzen und Mischung städtischer Funktionen sind eine wichtige Voraussetzung, um soziale Integration und gesellschaftliche Stabilität in den Städten zu gewährleisten."
Was kann die Politik tun?
Woran liegt es, dass die Preise für Mietraum so unverhältnismäßig steigen? Was ließe sich politisch dagegen tun? Was bringt etwa die in dieser Woche von der Bundesjustizministerin angekündigte Verschärfung bzw. Nachbesserung der bestehenden Mietpreisbremse? Ist finanzierbarer Wohnungsbau möglich?
Darüber diskutieren:
Ingeborg Esser, Geschäftsführerin vom Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen, GdW
"Wir bräuchten eine viel, viel höhere Bautätigkeit. Die Fertigstellungszahlen des Jahres 2017 und die sind natürlich wieder deutlich, deutlich unter dem, was wir eigentlich bräuchten. Bezahlbares Wohnen wird eigentlich nur möglich sein im Segment der Mietwohnungen. Wenn man sich die momentanen Preise, gerade auch hier in Berlin im Eigentumssegment anschaut, dann ist jedem klar, dass daraus keine Miete resultieren kann, die ein normaler Angestellter bezahlen kann. Also müssen wir mehr Mietwohnungsbau machen."
Lukas Siebenkotten, Direktor des Deutschen Mieterbunds
"Wir brauchen zwei Dinge: Zum einen eine intensive Bautätigkeit - und eben nicht 284.000 fertiggestellte Wohnungen im Jahr, sondern mindestens 400.000. Und wir brauchen dazu – begleitend, dämpfend - mietrechtliche Vorschriften, die dafür sorgen, dass in der Zwischenzeit, bis wir soweit sind, die Mieten nicht durch die Decke schießen. Die Politik hat über Jahre hinweg dieses Problem verschlafen. Es wird ein zentrales Thema der nächsten zehn Jahre sein, dass hier endlich viel mehr getan wird. Und der Koalitionsvertrag reicht da hinten und vorne nicht."
Klaus Mindrup, MdB, baupolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion
"Ich sehe den sozialen Frieden absolut in Gefahr. Ich halte die momentane Entwicklung für dramatisch. Auf der einen Seite müssen wir gucken, dass wir das Mietrecht so verschärfen, dass wir nicht mehr bezahlbaren Wohnraum verlieren und auf der anderen Seite müssen wir natürlich neu bauen. Aber es kommt nicht darauf an, irgendwo, irgendwas zu bauen, sondern es kommt darauf an, dass wir vor allen Dingen Sozialwohnungen bauen und Wohnungen im bezahlbaren Segment."
Christian Kühn, MdB, baupolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/ Die Grünen
"Wir Grünen fragen schon seit Jahren nach, wie denn der Bund mit seinen eigenen Baugrundstücken umgeht. Wir haben in der letzten Wahlperiode sehr stark dafür gekämpft, dass der Bund auch Flächen abgibt, verbilligt für den Zweck des sozialen Wohnungsbaus. Das Irre ist dabei, dass sich eigentlich überhaupt nichts geändert hat, sondern Bund weiter selber als Spekulant unterwegs ist. Sie hatten über 2000 Verkäufe in den letzten zwei Jahren und hiervon sind gerade mal 13 Stück zum Zwecke des sozialen Wohnungsbaus gewesen."