Gurdan Thomas: "It's not the end of the world"

Hintersinniger Brit-Folk mit bayerischer Note

Der britische Songschreiber Gurdan Thomas mit seiner Band
Der britische Songschreiber Gurdan Thomas mit seiner Band © Pressefoto Gurdan Thomas / Conny Merrit
Von Olga Hochweis |
Der britische Songschreiber und Multi-Instrumentalist Ian Chapman alias Gurdan Thomas hat sich in München niedergelassen. Auf seinem fünften Album sind 18 Songs, die für Licht in dunklen Zeiten sorgen. Olga Hochweis stellt Werk und Künstler vor.
"Du siehst jeden Tag die schlechten Nachrichten und denkst nur, oh nein, nicht schon wieder! Daraus entstand vielleicht auch die Idee zu diesem Album - und der Texte: Sich nicht runterziehen zu lassen von diesen Dingen und optimistisch zu bleiben, was die Zukunft angeht."
Den Optimismus von Gurdan Thomas kann man gerade ganz gut brauchen - gerade in seiner Wahlheimat München. Der klassisch ausgebildete Komponist ist ein überzeugter "Englishman in Bavaria". Vor zehn Jahren hat ihn ein musikalisches Forschungsprojekt von Birmingham in die bayrische Landeshauptstadt verschlagen - und er ist geblieben. Aus gutem Grund:

Underground-Folk-Szene in München

"Fest steht, das Bier ist schon mal ganz gut. Und darüber hinaus: es gibt einen sehr interessanten Underground in München, und zwar innerhalb der Folk-Musik-Szene. Da spiele ich mit vielen anderen Musikern, die Folk mit Pop und anderen zeitgenössischen Elementen mischen."
Die vielen bayrischen Jahre haben sich auch im Instrumentarium der zumeist vierköpfigen Band niedergeschlagen. Zu hören sind viele Blasinstrumente wie Kornett, Horn und die Helikon-Tuba, deren Spielerin Gurdan Thomas beim Musikanten-Stammtisch im Hofbräuhaus kennengelernt hat.
Die Akkordeonistin und Melodica-Spielerin Sandra Hollstein, selbst in diversen Jazz und Weltmusik-Projekten aktiv, traf Gurdan Thomas wiederum bei den regelmäßigen Folks-Musik-Sessions in der Münchner Gaststätte Vereinsheim. Gebürtig ist sie zwar aus Kassel, aber wie Gurdan längst in München verwurzelt.

Lust auf Tradition und Ursprung

"Also ich hab schon Lust auf so Musik mit Tradition und Ursprung. Weil, das kannte ich von mir zu Hause nicht. Gerade wenn man viel reist, stellt man sich ja schon die Frage: Welche Musik gibt es eigentlich bei mir zu Hause? und da bietet Bayern sehr viel."
Trotzdem: Bayern ist hier nicht tonangebend. Es sorgt im Kern für etwas Lokalkolorit. Mindestens ebenso deutlich zu hören sind spanische Gitarren, Charango und Ukulele und vieles mehr. Zusammengehalten wird all dies von sehr viel britischem Geist:
"Er schreibt die Musik, er schreibt die Texte, er schreibt die Arrangements, es ist also schon alles Mr. Gurdan, der kreative Prozess ..."
"It´s not the end of the world" hat Gurdan Thomas sein Album genannt- und um die Aufmunterung optisch noch zu unterstreichen, baumelt vom Rande des CD-Covers ein Galgen-Strick ins Bild, während von der anderen Ecke ein Gartenzwerg hineinlugt.

Optimismus mit Galgenstrick und Gartenzwerg

Humor beginnt da, wo der Spaß aufhört - und bei Gurdan Thomas kann der auch recht dunkel daherkommen. Eine Figur wie der gefräßige, sich übergebende Fettwanst Mr. Creosote aus dem Monty Python-Film "Der Sinn des Lebens" bevölkert seine Songs genauso wie Asterix, Frankenstein oder ein gewisser Darther (sic!) Vader - noch dunkler als Darth.
Sie alle stehen als Metaphern für bestimmte Seelenzustände, und traten ins Songschreiber-Leben von Gurdan Thomas während einer längeren Pause nach Erscheinen des Albums "The ugliness of life" 2012.
"Und das war eine Zeit, als ich diese Songs schrieb, in der Dinge in meinem Leben passierten, die nicht so positiv waren, oder zumindest hielt ich sie damals nicht für positiv. Es war gewissermaßen meine Art, damit umzugehen, meine Lebenserfahrungen auszudrücken, meine Lebensbedingungen zu verarbeiten, und die Stimmungen reichten von ziemlich dunklen Gefühlen einerseits bis zur Freude, da rausgekommen zu sein und sehr positiv nach vorne zu schauen ..."

Ein Song handelt vom Leben als Huhn

Gerade mal ein, zwei Liebeslieder gäbe es auf dem Album, sagt Gurdan Thomas. Andere Titel erzählen von magischen Superman-Eigenschaften, davon, als Huhn durchs Leben zu gehen oder erinnern an die Kindheit von Gurdan Thomas im sogenannten Black Country nördlich von Birmingham.
Wie auch in Bayern ist Musik dort in Blechblas-Ensembles weitverbreitet - und auch Gurdan Thomas hat dort mitgespielt. Dann aber ging er ans College in Birmingham und traf auf einen Kompositions-Professor, der das Fach Creative Studies wirklich ernst nahm. Dessen Liebe zu Mozart und Philipp Glass und Grateful Dead gleichermaßen weckte auch Gurdans stilistische Offenheit, die sich noch vertiefen sollte..
"Als ich im College war, lernte ich Sitar und Tabla und Gamelan, diese indonesische Musik, die ich sehr liebe, auch afrikanische Perkussion. Und dann arbeitete ich als Community musician - das ist eine Art Sozialarbeiter, der mit ganz unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen zusammen Musik macht, und dadurch bekam ich auch Kontakt zu Musikern aus ganz unterschiedlichen Kulturen, es ist also ein ganz schöner Mix geworden."

"Vielleicht sind wir zu dickköpfig"

Bleibt nur noch die Frage, warum diese Songs, die so mühelos leichtfüßig klingen, aber aus viel musikalischer Kunst entstanden sind, nicht schon längst über Bayern hinaus gehört werden. Sandra und Gurdan versuchen eine Antwort:
"Also wir geben uns wahnsinnig Mühe! Aber es is echt schwierig, wir wollen natürlich überall spielen, und wollen gebookt werden. aber der Markt ist so überschwemmt."
"Es fällt uns auch schwer, ein Label für unsere Musik zu finden und daher ist es auch nicht leicht, das an die Leute zu bringen. Wir machen keine Balkan Musik, wir machen keinen Rock, keinen Jazz, unsere Musik bewegt sich irgendwo zwischen allem Möglichen. Wir halten uns nicht an Trends. Wir machen einfach, was wir wollen. Vielleicht sind wir einfach zu dickköpfig!"
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