Bayern-Folk

Schräge Volksmusik aus Oberbayern

Die Mitglieder der Band "Kofelgschroa" stehen und hocken in einer alten Bushaltestelle
Mischen elektronische Sounds, Krautrock und bayerische Volkslieder: die Musiker der Band "Kofelgschroa" © Jonas Kraus / Trikont
Von Georg Gruber · 13.11.2014
Kofelgschroa – das sind vier Musiker aus Oberammergau, die mit einer ganz eigenen Spielweise von Volksmusik betören: Akkordeon, Helikontuba, Tenorhorn, Trompete, Gitarre und Gesang vermischen sich zu einem Klang, den man, einmal gehört, sofort wieder erkennt. Jetzt ist das zweite Album "Zaun" erschienen.
Gleich beim ersten Titel der CD große Erleichterung und ein kleines Glücksgefühl: Der Kofelgschroa-Sound auf dem neuen Album ist der alte. Immer noch rau und ungeschliffen und ein bisschen schräg. Keine aufgesetzten Effekte, kein Hall, keine Politur für den Massengeschmack.
Sie hätten schon darüber nachgedacht, den Sound zu verändern, sagt Matthias Meichelböck, der in der Band Tenorhorn spielt:
"Wir haben uns gedacht: ja, vielleicht noch mit Trommel was machen oder Glockenspiel oder vielleicht mal elektrische Sachen ausprobieren, aber es hat sich dann doch wieder sehr auf die normale Besetzung reduziert, bis auf Harmonium, das bei drei Stücken dazu gekommen ist."
Maxi Pongratz: "Und ein Klavier ist dabei, bei einem Stück"
Prominenter Produzent
Produziert hat die neue CD wieder Micha Acher von The Notwist. Eingespielt wurde sie in nur vier Tagen, wieder live und nicht Spur für Spur, erzählt Maxi Pongratz, der Sänger und Akkordeonspieler:
"Weil das anders gar nicht gehen würde bei uns, Spuren, das ist sehr schwierig bei uns, weil wir eine sehr dynamische Sache machen."
Versammelt sind Stücke, die sie schon lange im Repertoire haben und ganz neue, manche entstanden erst im Studio. Die meisten Melodien und Texte stammen wieder von Maxi Pongratz. Die Ideen kommen einfach so zu ihm ...
"Im Alltag, beim Radlfahren, beim Gehen, beim Duschen, ja, überall."
Reise nach Texas
Die Welt ist Klang in Oberbayern, aber nicht nur dort. In die Aufnahmen sind auch gemeinsame Reiseerfahrungen eingeflossen, auch wenn man sie vordergründig gar nicht hört. Die Band war zusammen in den USA, zuerst in Texas, dann in New Orleans. Dort wohnten sie bei dem Spoken-Word-Poeten Chuck Perkins.
Matthias Meichelböck: "Unser erster Auftritt war beim Chuck Perkins im Cafe Istanbul, da waren halt nachher vier fünf Leute da. Ist klar, wer soll da kommen?"
Sie spielten danach aber doch noch vor größerem Publikum:
"Da machst Du dann halt Vorband von irgendeiner bekannteren Gruppe, aber das war für uns super. Wir sind da auch mal ins Radio gekommen und da sind dann auch einige Leute gekommen zu uns. Die sind totale Jazzleute, die New Orleanser, aber haben trotzdem unsere Musik eigentlich ganz interessant gefunden und respektiert.
Ich glaub, dass man durch die Erfahrung, die man da gemacht hat, dass das durchaus was mit einem macht. Aber wir haben jetzt nicht explizit einen Jazz- oder Dixie-Rhythmus in unser neues Album eingebaut. Das wäre wahrscheinlich auch komisch, wenn jetzt wir da einen auf Riverblues oder was weiß ich, New Orleans Jazz oder Brass machen."
Maxi Pongratz: "Ich muss auch sagen, eine Reise ist immer was ganz Intensives, wo ganz viele musikalische Stücke und Texte wachsen. Das ist immer wieder so bei mir, egal ob es jetzt in Amerika oder Österreich ist."
Fortschreiten auf bekannten Pfaden
"Zaun", die neue CD, dokumentiert ein Fortschreiten auf bekannten Pfaden, ein weiter Wachsen. Die Melodien sind wieder so, dass sie nachklingen, die Texte sind etwas länger geworden. Zuviel Veränderung wäre schade gewesen.
Kofelgschroa macht immer noch Musik, die für sich steht und sich nicht am Mainstream orientiert - und doch so großen Anklang findet, dass die vier Musiker oft selbst überrascht davon sind.
Maxi Pongratz: "Die einen sehen eine Boygroup, die anderen sehen vier verplante Oberbayern, die anderen sehen Träumermusik, die anderen sehen, was weiß ich."
Matthias Meichelböck: "Ich glaub, wir haben so eine Mischung: Einmal aus den Charakteren, die da auf der Bühne stehen, dann das Gesamtbild von den vier Typen, dann die Musik dazu, das erzeugt wahrscheinlich so ein Gefühl oder transportiert irgendwas, was viele Leute anspricht und wonach sich viele Leute auch sehnen. Also ich möcht das jetzt nicht mit Adjektiven oder großen pathetischen Wörtern benennen, aber ich denk, dass es das ist, was die Leute mitgehen lässt, und was es auch in Berlin und im Ausland funktionieren lässt. Die Texte muss man nicht verstehen, es geht auch um das Bild, den Klang, den Wortklang, der schon ganz viel hat. Denk ich."
Es bleibt spannend, wohin sie ihr Weg noch führen wird, nach dem zweiten Album.
Angst vorm Platzen der Heimatblase
Maxi Pongratz: "Ja ich hoffe, dass wir uns noch ganz, ganz lang haben. Ich hoffe, dass das, selbst wenn alle langsam Väter werden, dass das alles noch irgendwie ins Leben rein passt."
Matthias Meichelböck: "Ich habe letztens mal einen kurzen Moment ein bisschen Angst gekriegt, weil ich mir so Gedanken gemacht hab, was jetzt passiert, wenn dieser Heimathype und Mundart und alles lokal, wenn die Blase zerplatzt, ob wir dann auch noch interessant sind und ob uns dann noch jemand hören mag und ob es überhaupt noch jemand hören kann."
Hype hin oder her - das was sie bis jetzt gemacht haben, wird auf alle Fälle Bestand haben.
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