Müsste es nicht diesmal eine Frau werden, Herr Habeck?
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Wen die Grünen ins Rennen um die Kanzlerschaft schicken, ist bislang offen. Müsste eine Partei, die sich um Geschlechtergerechtigkeit bemüht, nicht eine Frau nominieren? Wir haben Grünen-Chef Robert Habeck gefragt.
In den Umfragen erleben die Grünen seit Monaten einen Höhenflug, inzwischen liegen sie auf Platz zwei hinter der CDU. Wer als Spitzenkandidat*in in die Bundestagswahl 2021 zieht, darauf hat man sich allerdings noch nicht geeinigt. Traditionell bemüht sich die Partei um mehr Geschlechtergerechtigkeit - wäre es daher nicht an der Zeit, mit Co-Chefin Annalena Baerbock eine Frau aufzustellen?
Kein Interesse an einer "Männlichkeitswelt"
"Ich würde es total schlimm finden, wenn eine Männlichkeitswelt zurückkehrt, die sich über Machismus und Chauvinismus definiert", antwortet der Grünen-Vorsitzende auf diese Frage. Mit dem Blick auf die letzten Wochen und die Äußerungen von einigen Spitzenpolitikern verstehe er die Angst von vielen Frauen, dass es wieder so komme. Er selbst habe immer in geteilter Verantwortung mit Frauen gelebt und teile diese Befürchtung von daher.
Habeck traut es sich selbst auch zu
Auch seine Einstellung zu einer eigenen Kanzlerkandidatur erläuterte Habeck. Wenn man sage, man wolle ein Land führen, müsse man sich fragen, ob man aus eigener Sicht die Voraussetzungen dafür mitbringe: "Die innere Ruhe, vielleicht genug Lebenserfahrung, einen moralischen Kompass? Hat man genug Krisen überstanden, auch mit sich selbst, dass man glaubt, man ist beständig, auch unter Druck?" Er könne diese Frage für sich selbst mit Ja beantworten.
Eine Kanzlerschaft in unsicheren Zeiten
Was eine Kanzlerschaft in diesen Zeiten bedeute, könne im Moment niemand voll erfassen, so Habeck. Die "Wurstigkeit", mit der die Frage nach der Kanzlerschaft immer gestellt werde, sei deshalb unangemessen. Man erlebe derzeit große Strukturbrüche und viele existenzielle Fragen, weshalb mehr Demut vor dem Amt geboten sei. Insgesamt würden die Grünen hier das Angebot machen, das der Partei "die größte Wahlchance gibt – und das unter Berücksichtigung von emanzipationspolitischen Fragestellungen."