Glosse

Zu Gast bei Freunden

Altkanzler Gerhard Schröder begrüßt Kremlchef Wladimir Putin
Altkanzler Gerhard Schröder und Kremlchef Wladimir Putin © picture alliance / dpa / Anatoly Maltsev
Von Isabella Kolar · 29.04.2014
Der Westen weitet Sanktionen gegen Russland aus, gleichzeitig feiert SPD-Altkanzler Gerhard Schröder seinen Geburtstag mit Putin nach. Da setzt man auf Liebesentzug, nicht auf Knutschen, meint Isabella Kolar.
Nein, Sie haben sich nicht verhört. Mitten in der Ukraine-Krise, die Beobachter als die größte seit dem Kalten Krieg einstufen, trifft ein ehemaliger deutscher Bundeskanzler auf russischem Boden mit dem Mann zusammen, der diese Krise maßgeblich mitausgelöst hat und täglich zu ihrer Verschärfung beiträgt.
Anders ausgedrückt: Gerhard Schröder knutscht und umarmt mal wieder aufs herzlichste seinen lupenreinen Demokraten und Duzfreund Wladimir Putin. Und täglich grüßt das Murmeltier. Geschehen gestern Abend vor dem Jussupow-Palais in Sankt Petersburg. Es galt, Schröders 70. Geburtstag vom 7. April nachzufeiern.
Offiziell war Schröder in Sankt Petersburg wegen einer Sitzung des Aufsichtsrats der Nord Stream AG, die die Gas-Pipeline in die Ostsee betreibt. Und was liegt da näher, als das Nützliche mit dem Angenehmen zu verbinden: um 19 Uhr gab es einen festlichen Empfang für Schröder mit 100 geladenen Gästen, darunter eben Putin.
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Altkanzler Gerhard Schröder beim Empfang in St. Petersburg.© picture alliance / dpa / Anatoly Maltsev
Ein friedliches Gläschen
Der Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern, Erwin Sellering, ebenfalls SPD, war auch dabei. Es ist doch toll, dass in einer Zeit, in der Deutschland und Russland sich in einem Konflikt gegenüberstehen, Sanktionen verhängt werden, der Miturheber des Ganzen mit Gerhard Schröder und Co. ein friedliches Gläschen kippt.
Das Krankheitsbild nennt man in der Psychiatrie Schizophrenie. Wie schreibt doch Erhard Eppler im aktuellen Spiegel in einem Anfall glasklarer Selbsterkenntnis unter dem Titel "Wir reaktionären Versteher" zum Umgang mit Menschen wie Putin:
"Und weil beide wissen, wie der andere tickt, können sie nachher zusammen ein Glas Wein trinken. Sie sind gefeit gegen jenes moralinsaure Geschwätz, das aus jedem Interessenkonflikt einen Kampf zwischen Gut und Böse macht."
Na Prost! Das soll Eppler mal der Frau von Wolodymyr Rybak, dem pro-westlichen ukrainischen Politiker ins Gesicht sagen, der vor wenigen Tagen gemeinsam mit einem anderen Mann gefoltert und bewusstlos in einen Fluss geworfen wurde, wo er ertrank. Angeblich soll auch ein Offizier des russischen Militärgeheimdienstes GRU beteiligt gewesen sein. Darauf doch gleich noch mal ein Gläschen mit unser aller Putin.
Blick auf mehrere Personen, unter anderem der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder.
Empfang anlässlich des 70. Geburtstags von Gerhard Schröder in der Repräsentanz von North Stream in St. Petersburg.© dpa / Anatoly Maltsev Ressort
Das ist Krieg, kein Spaß
Klar, Putin kann als Ex-Geheimdienstler davon und von allen anderen Verbrechen nichts gewusst haben, das sind ohnehin alles die ukrainischen Faschisten, was heißt hier gut oder böse. Wir Sozialdemokraten der alten Schule haben ihn schon immer bestens verstanden, lasst doch bitte die Diplomatie sprechen und den Wodka. Leute, das ist Krieg, kein Spaß, was wir da haben, Ende offen! Da setzt man auf Liebesentzug, nicht auf Knutschen!
Und wer jetzt noch erzählt, dass Schröder mit Putin hinter verschlossenen Türen sicherlich mal ein ernstes Wörtchen zur Ukraine gesprochen und seinen Einfluss in positivem Sinne geltend gemacht hat - der gehört entweder zur SPD oder zur Heilsarmee.
Ich finde ja, Putin sollte Schröder in der ehemaligen Zarenstadt Sankt Petersburg als Geisel nehmen, ihn angemessen ernähren und ihm auch Auslauf gewähren und ihn erst dann wieder freilassen, wenn das Kiewer Rus, das große russische Reich wieder hergestellt ist.
Darauf einen Wodka!
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