Ukraine

Separatisten haben angeblich 40 Geiseln

Ein Demonstrant am Platz der Unabhängigkeit in Kiew am 16. Dezember 2013.
Demonstrationen in der Ukraine © picture-alliance / dpa / Nikitin Maxim
Von Sabine Adler · 29.04.2014
Während Russland Bedingungen für den Abzug seiner Truppen aus der Grenzregion stellt, berät das Parlament in Kiew über die Verfassungsreform. In Donezk wurden Demonstranten attackiert.
Russland will seine Truppen von der ukrainischen Grenze zurückziehen, sagte der russische Verteidigungsminister Sergej Shoigu im Telefonat mit seinem amerikanischen Amtskollegen Chuck Hagel zu, stellte jedoch eine Bedingung: Erst wenn die ukrainische Regierung beabsichtige, ihre Armee nicht mehr gegen das unbewaffnete Volk einzusetzen.

Der Beginn der ukrainischen Anti-Terror-Operation war für Russland Grund, mit einem Manöver in unmittelbarer Nähe der Grenze zur Ukraine zu beginnen. Die Regierung in Kiew reagierte mit der Operation auf die Ermordung von zwei Geiseln und die sich ausweitende Besetzung von Regierungsgebäuden in Donezk, Lugansk und zehn weiteren Städten.

Trotzdem gerät die Lage in der Ostukraine immer weiter außer Kontrolle. In Donezk sind gestern Abend über ein Dutzend pro-ukrainische Demonstranten attackiert und ernsthaft verletzt worden.
"Der gestern angeschossene Bürgermeister von Charkiw, Gennadi Kernes, wurde heute zur medizinischen Behandlung nach Israel ausgeflogen", berichtete sein Chirurg Waleir Boika.
Der ukrainische Geheimdienst geht davon aus, dass die Separatisten von Slawiansk deutlich mehr Personen festhalten, nämlich rund 40, als die sechs OSZE-Militärbeobachter und deren sechs Begleiter. Deren Freilassung ist weiter nicht in Sicht.
Neue Machtverteilung
Im Parlament wurde heute deutlich, dass das Verfassungsreferendum offenbar nicht zusammen mit der Präsidentschaftswahl stattfindet. Premierminister Arseni Jazieniuk kündigte heute an, dass die Arbeit an der Verfassung bis zur Präsidentschaftswahl Ende Mai beendet werden soll: Es gehe um eine neue Machtverteilung zwischen Präsident, Regierung, Parlament und Justiz.
Der Verfassungsentwurf solle dann der Venedig-Kommission vorgelegt werden, also der Kommission des Europarates, das Staaten bei der Erarbeitung einer neuen Verfassung berät. Was heißt, dass zur Präsidentschaftswahl kaum ein abstimmungsreifer Entwurf vorliegen dürfte.
Für den Lemberger Vertreter im ukrainischen Städtetag, Vitali Sahaini, wäre eine Verschiebung des Verfassungsreferendums kein Zeichen von Schwäche der ukrainischen Regierung, sondern im Gegenteil, eines von Stärke:
"Ich bin nicht sicher, dass es sich jetzt lohnt, ein Referendum durchzuführen, man sollte damit warten. Es heißt, dass der Osten die Föderalisierung möchte, aber das sind einzelne Vertreter, die unter Moskaus Einfluss stehen, aber doch nicht der ganze Osten. Dort gibt es doch nicht einen breiten gesellschaftlichen Diskurs. Die Regierung steht unter einem großen Druck, aber sie sollte das aushalten."
Premier Jazeniuk schlug heute im Parlament vor, den künftigen Präsidenten zu entmachten, er solle nicht mehr das Recht haben, den Außen- und den Verteidigungsminister zu ernennen.
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