Giffeys Fake-Telefonat mit Klitschko

Technologie-Mythen in den Medien

13:43 Minuten
Ein Bild aus einer Filmaufnahme vom Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko.
Der echte Klitschko oder nur ein manipuliertes Bild des Bürgermeisters von Kiew? Heutzutage lässt sich das nicht auf die Schnelle entscheiden. © imago / Cover-Images
Eva Wolfangel im Gespräch mit Vera Linß und Markus Richter · 02.07.2022
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SPD-Politikerin Franziska Giffey ist auf ein gefälschtes Videotelefonat mit Vitali Klitschko hereingefallen. Ein Deepfake, schreiben manche Medien. Die Journalistin Eva Wolfangel findet die Behauptung voreilig.
Deepfake: Der Begriff machte schnell die Runde, nachdem Berlins Bürgermeisterin Franziska Giffey auf ein gefälschtes Videotelefonat mit Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko hereingefallen war.
Die Senatskanzlei selbst machte den ungewöhnlichen Vorgang noch am selben Tag öffentlich, und die meisten Medien waren sich schnell einig: Giffey war auf Videobilder hereingefallen, die mittels künstlicher Intelligenz generierte wurden, also ein Deepfake.

Wie leistungsfähig ist die Deepfake-Technologie?

Die Journalistin Eva Wolfangel war von Beginn an misstrauisch: „Und dann gab es ja auch ziemlich schnell verschiedene Hinweise darauf, dass es vielleicht doch eher ohne künstliche Intelligenz mit relativ einfachen Methoden zusammengeschnitten war, aus einem Medium.“ Dies finde sie auch „sehr viel einleuchtender“, so Wolfangel. „Trotz allem weiß man noch nicht definitiv, was es genau war.“
Zwar gebe es bereits Deepfake-Videos, in denen Menschen nachgestellt werden. „Die Technologie ist schon leistungsfähig“, so Wolfangel. Aber in Echtzeit ein Videotelefonat mit jemanden führen, sodass es nicht auffällt? „Da würde ich behaupten, das kann die Technologie eben noch nicht. Deswegen finde ich es voreilig, von Deepfake zu sprechen.“

Technologie-Mythen werden weiterverbreitet

Dass Medien solche Technologie-Mythen leichtfertig weiterverbreiten, sieht Wolfangel kritisch. Die Aufgabe der Medien sei, „die Menschen zu befähigen, mit zu entscheiden, die Demokratie mitzugestalten. Und dafür ist es unabdingbar wichtig, dass die Menschen realistisch darüber informiert sind, was möglich ist.“ Gerade in Hinblick auf Künstliche Intelligenz und Demokratie gebe es noch zahlreiche Punkte zu klären.
Auch bei Themen wie dem Social Scoring in China, „wo ja die Idee der perfekten Überwachung immer gezeichnet wird“, oder der vermeintlichen Wahlmanipulation in den USA durch Algorithmen, appelliert Wolfangel an ihre Kolleginnen und Kollegen, detailliert zu berichten. „Ich glaube schon, dass es unsere Aufgabe ist, diese Feinheiten den Menschen zu vermitteln und eben nicht zu sagen: Es ist schwarz oder es ist weiß. Und auch darauf hinweisen, woran man Deepfakes erkennen kann. Aufklären.“
Ihr Fazit aus dem Vorfall: „Da müssen wir als Medien echt aufpassen, dass wir einen guten Zwischenweg finden zwischen Panikmache und Verharmlosung. Das merkt man an dem Thema ganz deutlich.“

Vertrauen in die Demokratie untergraben

Nun gehe es darum, aus der vorschnellen Berichterstattung zu lernen, „indem wir jetzt darüber berichten, recherchieren und uns auch gegenseitig aufklären: Was kann die Technologie und worauf müssen wir uns einstellen?“
Denn letztendlich ging es bei dem gefakten Videotelefonat, zu dem sich nun ein russisches Komiker-Duo bekannt hat, darum, Verwirrung zu stiften und Vertrauen in die Demokratie und in die Ukraine zu schwächen. Und das „ist leider gelungen“, sagt Wolfangel. „Die Strategie solcher Aktionen ist es natürlich, Leute bloßzustellen, zu verwirren, das Vertrauen in unsere PolitikerInnen zu schwächen, und da ist es unsere Aufgabe als Medien, für die Demokratie einzutreten und darauf hinzuweisen.“
(lkn)

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