Gesetz gegen Islamismus in Frankreich

Auf der Suche nach Kontrolle

12:01 Minuten
Polizisten bewachen die von den Behörden für sechs Monate geschlossene Moschee in Patin, Frankreich.
Ferda Ataman sieht die Debatte um das Gesetz "zur Stärkung republikanischer Prinzipien", das sich gegen den Islamismus richtet, kritisch. © picture alliance / dpa / abaca / Alfred Yaghobzadeh
Ferda Ataman im Gespräch mit Korbinian Frenzel · 12.02.2021
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Mit einem Gesetz will die Regierung Macron gegen den Islamismus in Frankreich vorgehen. Die Publizistin Ferda Ataman sieht das Vorhaben kritisch - und warnt vor einer stigmatisierenden Debatte, die nur gläubige Muslime und keine Extremisten trifft.
Wie reagiert ein Land adäquat auf islamistischen Terror? In Frankreich hat die Regierung Macron nach den Anschlägen von Nizza und Paris das Gesetz "zur Stärkung republikanischer Prinzipien" vorlegt. Es richtet sich gegen den Islamismus und soll unter anderem den Einfluss von Ländern wie der Türkei und Saudi-Arabien auf Moscheen in Frankreich verringern. Heimunterricht soll eingeschränkt, Imame im Land ausgebildet und Auslandszahlungen an Vereine stärker überwacht werden.
Anfang kommender Woche soll das Gesetz nun verabschiedet werden, es wird seit Wochen in Frankreich kontrovers und heftig diskutiert. Die Publizistin Ferda Ataman sieht es kritisch, stört sich aber noch mehr an der öffentlichen Debatte, die es um die neuen Regelungen gibt.
"Wir haben eine Bedrohung durch islamistischen Terrorismus. Das ist Fakt. In Frankreich deutlich mehr als in Deutschland, aber auch bei uns. Und trotzdem kann es passieren, dass man in einer Debatte darüber anfängt, Muslime unter Generalverdacht zu stellen und antimuslimischen Rassismus reproduziert", sagt sie.
Genau das ist Ataman zufolge passiert. Gesetz und Debatte spielten mit Ressentiments. Momentan werde in Frankreich verhandelt, wie gefährlich der Islam sei, kritisiert die Publizistin. Den Fokus wirklich auf die Extremisten zu richten und nicht auf alle Angehörigen der Glaubensgemeinschaft, funktioniere oft nicht in solchen Diskursen.

Die Fehler der Behörden

Frankreich habe viele und schreckliche Terroranschläge erlebt, so Ataman. "Das macht etwas mit einem Land und dem Sicherheitsgefühl der Menschen." Mit dem Gesetz solle nun wieder Kontrolle hergestellt werden. Doch es gebe Stimmen in Frankreich, die sagten, dass es die Gesetze, die man brauche, längst gebe, sie müssten nur konsequenter angewandt werden.
Behörden hätten bei der Aufklärung der Anschläge und auch davor Fehler gemacht, sagt Ataman: "Gefahrenlagen wurden nicht erkannt." Und das passiere immer wieder. "Da lenkt man dann auch gerne mal ab und macht ein Gesetzespaket, das ein Gefühl von Sicherheit wieder herstellt, aber möglicherweise nicht der Sache dient."
"Wenn wir in Deutschland eine steigende Zahl von rechtsextremen Übergriffen haben, diskutieren wir auch nicht darüber, ob wir das gesamte Konzept des Deutschseins in Frage stellen", sagt Ataman. Man müsse für den Islamismus in Frankreich - und auch in Deutschland - Lösungen finden, die sich gegen das tatsächliche Problem richteten.
(ahe)
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