Gescheiterter Dialog zwischen AfD und Muslimen

Das Grundgesetz als rote Linie

Die AfD-Vorsitzende Frauke Petry (r) und Armin Paul Hampel, Landesvorsitzender der AfD in Niedersachsen, nehmen gegenüber der Generalsekretärin des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Nurhan Soykan (l), und Sadiqu Al-Mousllie zu Beginn des Treffens ihren Platz ein.
Treffen AfD und Zentralrat der Muslime in Deutschland. © dpa / Kay Nietfeld
Von Anne Françoise Weber · 23.05.2016
Das Treffen zwischen der AfD-Spitze und dem Zentralrat der Muslime war einen Versuch wert, kommentiert Anne Françoise Weber: Weil keine der beiden Seiten von ihren Positionen abrücken wollte, sei das Tischtuch nun aber erst einmal zerschnitten.
Durchs Reden kommen die Leute zusammen, heißt es so schön. Das heutige Treffen von Vertretern der AfD und des Zentralrats der Muslime war ein Gegenbeispiel. Natürlich sah es schon vorher so aus, als ob da nicht viel herauskommen könnte - immerhin hat die AfD in ihrem Parteiprogramm festgeschrieben, der Islam gehöre nicht zu Deutschland. Und der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime Ayman Mazyek hatte erklärt, zum ersten Mal seit dem Ende der Naziherrschaft gebe es in Deutschland eine Partei, die erneut eine ganze Religionsgemeinschaft existenziell bedrohe.
Nicht gerade das, was man eine Diskussionsgrundlage nennen könnte. Umso erstaunlicher, dass Mazyek die AfD zu einer Begegnung eingeladen hat, umso erstaunlicher, dass ihre Vorsitzende Frauke Petry zusammen mit zwei weiteren Parteivertretern die Einladung angenommen hat. Immerhin saßen jetzt alle mal an einem Tisch. Aber auch wenn beide Seiten betonen, den Dialog nicht grundsätzlich abbrechen zu wollen, ist das Tischtuch nun erst einmal zerschnitten, denn keine der beiden Konfliktparteien wollte von ihren Positionen abrücken.
Und wenn man sich im Grunde gegenseitig das Existenzrecht abspricht - durch einen kaum verhüllten Vergleich mit der NSdAP oder durch den kompletten Ausschluss einer Religion aus der Gesellschaft - , dann muss es nicht wundern, wenn da "emotionale Hürden" waren, wie Frauke Petry sagte.

Drittgrößte Religionsgemeinschaft beruft sich aufs Grundgesetz

Dennoch war es einen Versuch wert - und was bemerkenswert bleibt an der Sache: Mazyek erklärte im ZDF-Morgenmagazin vor dem Treffen, die rote Linie des Zentralrats sei das Grundgesetz. Ein deutscher Staatsbürger nimmt als Maßstab in einer politischen Diskussion das Grundgesetz - eigentlich nichts natürlicher als das. Dass er das als ein Vertreter der nach Katholiken und Protestanten drittgrößten Religionsgemeinschaft hierzulande tut, hat mal wieder gezeigt: Der Islam gehört zu Deutschland.
Die AfD allerdings auch - deswegen mag es verwundern, dass beim 100. Deutschen Katholikentag, der am Mittwoch in Leipzig beginnt, explizit keine AfD-Vertreter auf Podien geladen sind. Die Laienvertreter der katholischen Kirche haben entschieden, Rechtspopulisten lieber kein öffentliches Forum zu bieten und so ein klares Signal gegen ihre fremdenfeindlichen Positionen zu setzen. Allerdings nimmt man dabei in Kauf, dass die AfD und ihre Anhänger sich als ausgegrenzte Opfer stilisieren können.

Was sagt die AfD zu katholischen Hardlinern?

Man dürfe die direkte Auseinandersetzung mit den Rechtspopulisten nicht scheuen, heißt es denn auch in Kirchenkreisen. Vielleicht sollte das Zentralkomitee der deutschen Katholiken auch mal Frau Petry zum Gespräch einladen. Ob sie dann wohl das Kirchenrecht anspricht, wie sie im Gespräch mit dem Zentralrat der Muslime die Scharia angesprochen hat? Und ob es dann auch um die Selbstbestimmung von Frauen geht, der das muslimische Kopftuch nach AfD-Meinung komplett entgegensteht - was ist dann mit der katholischen Hardliner-Haltung zu Verhütungsmitteln und Abtreibung? Es wäre interessant zu sehen, wo da dann die "emotionalen Hürden" liegen. Und ob eigentlich die katholische Kirche aus AfD-Sicht noch zu Deutschland gehört.
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