Gen Sonnenaufgang…

Ostern kommt von Osten

Morgenrot im winterlichen Duisburg.
Wir wenden den Blick gen Osten: zum Sonnenaufgang. © Deutschlandradio / Thorsten Gerald Schneiders
Von Matthias Hanselmann · 01.04.2018
Eine Himmelsrichtung steckt im Osterfest: der Osten. Wegen der Entdeckung des leeren Grabes Jesu "früh am Morgen, als eben die Sonne aufging" ist die Morgenröte Symbol der Auferstehung. Schauen wir also heute gen Osten.
Das neuhochdeutsche Ostern und das englische Easter haben die gleiche sprachliche Wurzel. Im Lateinischen heißt Osten Oriens. Damit sind wir beim Orient (sol oriens, lateinisch die aufgehende Sonne). Auch in der Orientierung steckt der Osten. Wir orientieren uns also heute in der Musikauswahl an dieser Himmelsrichtung. Und die wird in der Popmusik viel besungen. Von "East at easter" (Simple Minds) bis "Die aus'm Osten" (Katja Ebstein).
Das Herkunftswörterbuch des Duden leitet das Wort vom altgermanischen Austrō (Morgenröte) ab, das eventuell ein germanisches Frühlingsfest bezeichnete und sich im Altenglischen zu Ēostre, Ēastre, im Althochdeutschen zu ōst(a)ra fortbildete. Doch damit genug der etymologischen Informationen.

Vom Reisen in den Osten

Übrigens ist es sicher, dass wir bei einer Flug-Reise in den Osten den Jetlag als schlimmer empfinden als umgekehrt. Die Unterschiede zwischen Flügen in den Osten und in den Westen sind das Licht und die Lichtimpulse, die auf uns und unsere Nervenzellen wirken. Chronobiologen haben festgestellt: Fliegen wir gen Westen, sehen wir beim Blick aus der Kabine länger natürliches Licht. Unseren Nervenzellen wird signalisiert, dass es immer noch hell ist, obwohl es da, wo wir herkommen, längst Abend oder Nacht ist. Der Körper kann sich so besser auf die Zeitumstellung einstellen.

Den Blick gen Osten wenden

Und noch ein Blick auf die Architektur: Die Ausrichtung zur Sonne hat besonders bei mittelalterlichen Kirchen eine große Rolle gespielt. Der Fachbegriff dafür lautet Ostung. Die Richtung des Sonnenaufgangs kann allerdings in Mitteleuropa zwischen Sommer- und Wintersonnenwende um mehr als 45° nach beiden Seiten variieren – d. h. von Nordosten im Sommer bis Südosten im Winter.
Der Osten ist heute also unser musikalischer Oberbegriff, ob er nun East of Denver wie bei John Stewart oder als East St. Louis Toodle-oo besungen wird wie bei Steely Dan.

Musikalische Histörchen

Auflösong: Am 1. April 1984 wurde der Soulsänger Marvin Gaye von seinem Vater während eines Streits erschossen, einen Tag vor seinem 45. Geburtstag. Geboren am 2. April 1939 in Washington D.C. begann Marvin Pentz Gaye jr. seine Musikerkarriere in diversen Doo-Wop-Bands bevor er als Solist vom Motown-Label unter Vertrag genommen wurde. Doch Gaye war unzufrieden, Motown wollte ihn in die Rolle eines schwarzen Roy Black pressen, doch Schmalz und Schnulzen waren nicht seine Welt. Allerdings waren seine Duette mit Mary Wells, Tammi Terrell und Kim Weston sehr erfolgreich. "I Heard It Through The Grapevine" ist heute ein Klassiker des Genres. Erst 1971 durfte er wirklich solistisch loslegen und das tat er dann auch mit dem Album "What’s Goin On", heute eines der berühmtesten Soulalben aller Zeiten. Noch war ihm der Erfolg treu, doch sein Stern war am Sinken. Familiärer und Steuerärger ließen ihn am Ende ins belgische Ostende fliehen. Dort begann er mit der Arbeit an seinem letzten Album für Motown, "In Our Lifetime". Das folgende "Midnight Love" erschien dann beim Columbia Label und der darauf enthaltene Song "Sexual Healing", wurde zu seiner Hymne. Kokainabhängig, depressiv und aggressiv fand er keine Ruhe. Der Streit mit seinem Vater um geschäftliche Dinge am 1. April setzten dann den tragischen Schlusspunkt hinter Marvin Gayes Leben.
Posthum wurde er 1987 in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen.

Rätsel

Lösung: Der Musiktitel ist aus dem Film "GoTrabi Go" und wurde von Wolfgang Stumpf gesungen.

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