Gedenkkonzert zum Waffenstillstand

A War Requiem aus Brüssel

Die Komponistin Annelies van Parys
Die Komponistin Annelies van Parys © Trui Hanoulle/Website Annelies van Parys
Moderation: Volker Michael · 11.11.2018
Ein neues Werk zum Ende des 1. Weltkrieges - die flämische Komponistin Annelies van Parys hat zum 100. Jahrestag ein Requiem geschrieben. Das Belgische Nationalorchester führt es auf, Hugh Wolff dirigiert außerdem Mahlers 5. Sinfonie.
In unseren westlichen Nachbarländern ist das Datum nach wie vor präsent - der 11. November 1918. An diesem Tag wurde in einem Eisenbahnwaggon in Compiègne der Waffenstillstand beurkundet, mit dem der Krieg an der Westfront zu Ende ging. Wie erinnert man an dieses epochale Ereignis? Das Belgische Nationalorchester hat bei Annelies van Parys ein Werk in Auftrag gegeben.

Immer noch ein wichtiges Datum

Die 1975 in Brügge geborene Komponistin entschied sich für ein "neues" Requiem, in der Nachfolge des "War Requiems" von Benjamin Britten. Allerdings sind die Texte des Werks keine Briefe und Erzählungen Betroffener - die deutsche Autorin Dea Loher hat ein Libretto verfasst mit Texten, die den Krieg aus unserer heutigen Sicht reflektieren. "Alle werden Opfer, auch die Helden, und vor allem auch die Frauen, die nicht an der Front stehen", meinte die Komponistin im Gespräch mit Deutschlandfunk Kultur.

Die Menschen haben nichts gelernt

Ihr "War Requiem" hat Annelies van Parys wie einen Zyklus aufgebaut, das Ende ähnelt in gewisser Weise dem Anfang - ja, das bedeute, gibt sie zu, dass sie eine pessimistische Sicht auf die Kriege in Europa hat: Die Menschen hätten letztlich nichts gelernt - Kriege finden statt, derzeit andernorts, aber die Stimmung könne auch bei uns kippen...

Optimistischer Mahler

Für die optimistischere Sicht auf die Menschheit ist in diesem Konzert Gustav Mahler zuständig. Er hat ja auch nicht einmal mehr den Beginn des Ersten Weltkrieges erlebt, geschweige denn das, was danach kam. Seine 5. Sinfonie trägt mit dem Trauermarsch des ersten Satzes und mit dem berühmten "Tod in Venedig"-Adagietto den Charakter eines Trauer- und Gedenkwerkes. Doch sind die anderen drei Sätze dieser Sinfonie weniger lamentierend als vielmehr prophetisch. Einem gewissen Fortschrittsglauben verweigert sich Mahler darin nicht, wenn er zeigt, dass er die musikalische Kultur für erneuerungsfähig hält - und seinen eigenen Klangkosmos für groß, reich, ja unendlich.
Der Dirigent Hugh Wolff
Der Dirigent Hugh Wolff© Caroline Talbot/Andrew Hulrbut/Website Hugh Wolff
Seit der laufenden Spielzeit ist der US-amerikanische Dirigent Hugh Wolff Chefdirigent des Belgischen Nationalorchesters. Das ist ein Staatsorchester, das seit seiner Gründung 1936 den Henry-Le-Boeuf-Saal im Brüsseler Palast der Schönen Künste bespielt. Das Gedenkkonzert hat das Orchester mit den beiden Solisten Sophie Karthäuser und Thomas E. Bauer und dem Collegium Vocale Gent an den vergangenen Tagen bereits in Lüttich, Brügge und Antwerpen aufgeführt.
Palais des Beaux-Arts, Brüssel
Aufzeichnung vom Nachmittag
Konzert zum 100. Jahrestag des Waffenstillstands von Compiègne
Annelies Van Parys
"A War Requiem" für Sopran, Bariton, Chor und Orchester
Libretto: Dea Loher
ca. 20.45 Konzertpause
Gustav Mahler
Symphonie Nr. 5 cis-Moll

Sophie Karthäuser, Sopran
Thomas E. Bauer, Bariton
Collegium Vocale Gent
Belgisches Nationalorchester
Leitung: Hugh Wolff

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