Gary Burton wird 80

Revolutionär am Vibrafon

07:55 Minuten
Der US-amerikanische Jazz-Vibrafonist Gary Burton spielt mit vier Schlägeln auf seinem Instrument, ca. im Jahr 2000.
Durch seine Technik mit vier Schlägeln kann Gary Burton auf dem Vibrafon Harmonien spielen wie ein Pianist. © imago /National Jazz Archive / Heritage Images / Brian Foskett
Von Götz Steeger |
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Gary Burton gehört zu den wichtigsten Jazzern des 20. Jahrhunderts. Durch seine Technik mit vier Schlägeln revolutionierte er das Vibrafonspiel - und er veränderte den Jazz. Bei seinem ersten Album war er 17, nun wird der US-Amerikaner 80 Jahre alt.
Mit seiner Begeisterung für das Vibrafon war Gary Burton in Andersen, Indiana, wo er geboren und aufgewachsen ist, isoliert – Fluch und Segen zugleich. Denn einerseits musste er sich das Instrument selbst beibringen – in Ermangelung eines Lehrers. Andererseits gab es keinerlei Konkurrenz.
Bis nach Nashville sprach sich die Nachricht von dem jungen Talent herum, wo Country-Gitarrenstar Hank Garland gerade ein Jazz-Album plante, auf dem unbedingt ein Vibrafon dabei sein sollte – Gary Burtons erste große Chance. Und er nutzte sie. Das Album „Jazz Winds From a New Direction“ schlug ein, und alle wollten wissen, wer denn der junge Mann am Vibrafon sei.

Swing und Bossa Nova

Der erste Plattenvertrag ließ nicht lange auf sich warten. Gary Burton war 17, ging noch auf die High-School, als er nach New York fuhr, um sein erstes eigenes Album aufzunehmen. Ein Raunen ging durch die Jazz-Szene, nicht nur wegen seiner gekonnten Improvisationen und seiner Virtuosität, auch wegen seiner Technik mit vier Schlägeln, mit der er Harmonien spielen konnte wie ein Pianist.

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Er wurde zum gefragten Mitspieler unter anderem bei Saxofonist Stan Getz, der zu dieser Zeit mit seiner Mischung aus Swing und Bossa nova die großen Hallen füllte. Gary Burton war mit Abstand der Jüngste in der Band.
Auch das Publikum war deutlich älter als er selbst. Das machte ihn nachdenklich: „Mir wurde klar, dass das Publikum, das mich kannte, zwischen 40 und 50 Jahre alt war“, erzählte Burton bei einem Interview mit YouTuber Rick Beato. „Wenn ich 40 sein würde, wären sie 80. Also machte ich mir Gedanken, wie ich die Leute meiner Generation erreichen kann. Jazz war ja in einer Art Zwangsjacke, wir spielten alle dieselben 150 Standards, deren Harmonien auf Broadway-Show-Melodien basierten.“

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Zusammen mit dem Bassisten Steve Swallow, der ähnlich tickte und auch bei Stan Getz gespielt hatte, plante er eine Besetzung, die wie die Pop-Bands Mitte der 60er alles Mögliche an Stilen und Musikformen einbezieht.
Mit Gitarrist Larry Coryell, der aus einer Rockband kam und Drummer Roy Haynes war das Unterfangen komplett: das Gary Burton Quartet.

Jazz-Geschichte im Duett mit Chick Corea

Dann tauchte eine weitere neue Idee auf: Manfred Eicher, Betreiber des gerade frisch gegründeten Jazz-Labels ECM hatte die Vision eines Duett-Albums mit Gary Burton und Chick Corea. Im Duett, ohne Rhythmus-Gruppe zu performen, war im Jazz der frühen 70er noch recht unüblich. Burton und Corea waren unsicher, ließen sich aber darauf ein. Was dabei herauskam, schrieb Jazz-Geschichte:

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Gary Burton erzählte dazu: „Nur ein Stück haben wir zwei Mal gespielt, alle anderen waren First Takes. Am Ende des Nachmittages haben wir dann entscheiden, dass wir die restlichen zwei oder drei Tage, die das Studio gebucht war, nicht brauchten und flogen nach Hause.“
Das Album „Crystal Silence“ war der Anfang einer langen musikalischen Liaison, immer wieder traten die beiden zusammen auf.

Gefragter Dozent

Parallel zu allen Aktivitäten war Gary Burton auch ein gefragter Dozent am renommierten Berkeley College Of Music. Mit 28 Jahren fing er dort an. Im Jahre 2004, mit 61 Jahren, hörte er auf.
„Das soll jemand machen, der jung ist“, erklärte er. „Man hat es da mit 18- bis 20-jährigen Hitzköpfen zu tun. Es fiel mir zunehmend schwerer, mich in sie hineinzuversetzen.“
Sein letztes Album „Guided Tour“ nahm er wieder in Quartettbesetzung auf – jetzt war er es, der mehr als 20 Jahre älter war als die anderen Musiker.

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Etwas später, im Jahr 2017, gab er bekannt, dass es Zeit für ihn sei, in den Ruhestand zu gehen – ohne großes Aufhebens und mit der Würde einer stabilen Selbsteinschätzung.
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