Galileo Galilei

Der Begründer der modernen Naturwissenschaft

Von Irene Meichsner · 15.02.2014
Er hat als erster Astronom ein Fernrohr benutzt und sich davon überzeugt, dass sich die Erde um die Sonne dreht. Die Inquisition machte ihm deswegen den Prozess - und Galileo Galilei widerrief.
"Ich, Galileo Galilei, Lehrer der Mathematik und der Physik in Florenz, schwöre ab, was ich gelehrt habe, dass die Sonne das Zentrum der Welt ist und an ihrem Ort unbeweglich, und die Erde ist nicht Zentrum und nicht unbeweglich. Ich schwöre ab, verwünsche und verfluche mit redlichem Herzen und nicht erheucheltem Glauben alle diese Irrtümer und Ketzereien sowie überhaupt jeden anderen Irrtum und jede andere Meinung, welche der Heiligen Kirche entgegen ist." (Aus: Bertolt Brecht: "Leben des Galilei")
Als sich Galileo Galilei im Juni 1633 der Inquisition beugte und seine Erkenntnis zur Stellung der Erde im Kosmos widerrief, war er fast 70 Jahre alt. Ein Vierteljahrhundert zuvor war ihm klar geworden, dass Kopernikus Recht gehabt hatte und die Erde sich, wie alle Planeten, um die Sonne dreht – statt umgekehrt, wie es die Kirche aufgrund des geozentrischen Weltbilds der Bibel lehrte. Als einer der Ersten nutzte Galilei ein Teleskop zur Himmelsbeobachtung. Der Hamburger Astronom Bernd Loibl:
"Er hat sich den Mond angeschaut. Und hat trotz seines sehr dürftigen Fernrohrs Berge entdeckt. Und hat gesehen, dass die Schatten werfen. Er hat erkannt, dass um den Jupiter vier Monde kreisen. Dass es eine Art Sonnensystem im Kleinen ist. Und das war mit der vorherrschenden Meinung, die auf Aristoteles basierte, dass die Planeten auf Kristallschalen um die Erde herumlaufen, nicht mehr vereinbar."
Fundamentaler ideologischer Konflikt
"Galileo hatte nun natürlich das Problem, dass er, um den Kopernikanismus mit der Bibel irgendwie kompatibel zu machen, die Bibel selbst interpretieren musste",
schildert der Kulturwissenschaftler und Galilei-Spezialist Michael Titzmann den Kern des Streits mit der katholischen Kirche.
"Es war also klar, dass es hier um einen potenziell fundamentalen ideologischen Konflikt geht: Dürfen Nicht-Theologen die heiligen Texte so interpretieren, dass sie mit neuen Wissensbehauptungen vereinbar werden oder nicht?"
Für Galilei stand der Primat der Wissenschaft außer Frage. Am 15. Februar 1564 in Pisa als Sohn einer verarmten Florentiner Patrizierfamilie geboren, war er schon als junger Mathematiker mit bahnbrechenden Entdeckungen und Experimenten aufgefallen - etwa zur Pendelbewegung, zur Beschleunigung und zu den Fallgesetzen. 1592 wurde Galilei Mathematikprofessor in Padua, 1610 Hofmathematiker in Florenz - ein bald in ganz Europa bekannter Forscher, der sich zugetraut habe, auch dem Klerus die Stirn bieten zu können, so der Aachener Theologe Ulrich Lüke:
"Man kann feststellen, dass Galilei 1611 mit dem Fernrohr nach Rom reist, zur Propagierung seiner Entdeckungen. Und die propagiert er nicht auf dem Marktplatz, sondern bei Kardinal del Monte, bei den Professoren der Jesuitenuniversität. Und er erntet großen Beifall."
In die Knie gezwungen
1616 schritt die Kirche zum ersten Mal ein. Galilei wurde von Kardinal Bellarmin ermahnt, die kopernikanische Lehre nicht weiter als Tatsache, sondern allenfalls als Hypothese zu verbreiten. Fortan hielt sich Galilei zurück. Zum Verhängnis wurde ihm sein 1632 veröffentlichter fiktiver "Dialog" über das antike und kopernikanische Weltsystem, der seine wahre Überzeugung allzu deutlich zum Ausdruck brachte. Zum Märtyrer war Galilei nicht geboren, in Rom zwang man ihn in einem Inquisitionsprozess buchstäblich in die Knie.
"Damit hat die katholische Kirche sich in Opposition zu den von Galilei im Wesentlichen mitinitiierten Naturwissenschaften begeben. Und koppelt sich für einige Jahrhunderte von der europäischen denkgeschichtlichen Entwicklung ab."
Für den Rest seines Lebens stand Galilei unter Hausarrest. Er schrieb noch die "Discorsi", sein physikalisches Hauptwerk, und starb im Januar 1642 in Arcetri bei Florenz - ein Jahr, bevor Isaac Newton geboren wurde, wie Bernd Loibl betont.
"Galilei hat den Boden bereitet, dass dann ein paar Jahre später Newton in der Lage war, die Physik hinter den Planetenbewegungen zu entdecken und auch mathematisch richtig zu formulieren."
Der Vatikan brauchte noch lange, um seinen Fehler einzugestehen. Fast 360 Jahre nach seiner Verurteilung durch die Inquisition wurde Galileo Galilei im November 1992 offiziell rehabilitiert.
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