Waffenlieferungen an die Ukraine

"Wir sind immer zu langsam"

10:40 Minuten
Ein ukrainischer Soldat geht nach dem Einschlag einer russischen Rakete in Charkiw an einer brennenden Garage vorbei.
Ukrainischer Soldat nach dem Einschlag einer russischen Rakete in Charkiw: Ohne schwere Waffen kann die Ukraine den Krieg nicht gewinnen. © picture alliance / dpa / ZUMAPRESS.com / Alex Chan Tsz Yuk
Ralf Fücks im Gespräch mit Jana Münkel · 19.04.2022
Audio herunterladen
Deutschland tut nicht genug, um der Ukraine zu helfen: Dieser Vorwurf wird immer lauter. Auch der Publizist Ralf Fücks kritisiert die Bundesregierung. Dort suche man "Vorwände für Nichthandeln", das Land werde seiner historischen Verantwortung nicht gerecht.
Ralf Fücks wirft der Bundesregierung Versagen bei der Unterstützung der Ukraine vor. Die vom Bund zur Verfügung gestellten zwei Milliarden Euro seien Zukunftsmusik, die Ukraine brauche jetzt Waffen, sagt der Publizist und ehemalige Grünen-Politiker.

Verwirrspiele und Nichthandeln

Die Bundesregierung sei zu zögerlich und habe zudem auch noch Verwirrspiele veranstaltet, beispielsweise bei den von der Ukraine angefragten Schützenpanzern. Das seien alles "Vorwände für Nichthandeln", das Land werde seiner historischen Verantwortung nicht gerecht. "Das wird schwer auf uns lasten", warnt Fücks.
Der Krieg dauere nun schon sieben Wochen, "und wir sind immer zu langsam". Deutschland habe die viertgrößte Rüstungsindustrie der Welt und liefere auch Waffen an dubiose Regierungen: "Und jetzt tun wir uns schwer, die Ukraine zu unterstützen, trotz der fast verzweifelten Appelle, die aus Kiew kommen."

Die Sicherheitsexpertin Claudia Major sieht die Ukraine in einem Kampf ums nackte Überleben. Das Land brauche dringend schwere Waffen, um die russischen Angriffe abzuwehren. Russland habe kein Interesse an Verhandlungen und einem Frieden: Es führe einen "Vernichtungskrieg", der die Ukraine als eigenständigen Staat auslöschen solle.

Streit über Waffenlieferungen - was der Ukraine jetzt (noch) helfen kann

19.04.2022
07:50 Minuten
Podcast: Studio 9
Podcast: Studio 9
Das sei für die Verbündeten Deutschlands nicht mehr nachvollziehbar, meint Ralf Fücks, der Gründer des Zentrums Liberale Moderne. Deutschland gelte im westlichen Bündnis inzwischen als unsicherer Kantonist.

Fehlentscheidungen und Illusionen

Auch mit den Sozialdemokraten rechnet Fücks ab. Der Versuch des ehemaligen SPD-Außenministers Sigmar Gabriel, im "Spiegel" die Russlandpolitik der SPD zu erklären, sei oberflächlich. „Alle diese politischen Fehlentscheidungen, Illusionen und Mythen, die da kultiviert worden sind, fallen uns jetzt auf die Füße.“
Dennoch gehe es hier nicht nur um ein Problem der SPD, sagt Fücks. Die bundesdeutsche Politik habe sich systematisch in eine energiewirtschaftliche Abhängigkeit von Russland begeben, während das Land nach innen zunehmend autoritär geworden sei und sich nach außen aggressiv verhalten habe. Signale wie der Bombenkrieg in Syrien seien in Deutschland systematisch ignoriert worden.
Deutschland habe „Sonderbeziehungen“ zu Russland über die Köpfe seiner Verbündeten hinweg und auf Kosten der Ukraine gepflegt, kritisiert Fücks: Das sei eine „historische Fehlleistung“, die aufgearbeitet werden müsse.
(ahe)
Mehr zum Thema